Klimawandel: Korallen sterben schneller als gedacht

Korallenriffe vom Aussterben mehr bedroht als Regenwälder. Im Indischen und Pazifischen Ozean sind nur noch zwei Prozent der Riffe so intakt wie vor zwanzig Jahren.

Korallenriff verliert seine Farbe. Bild: ap

Berlin taz Die Korallenriffe im Indischen und Pazifischen Ozean verschwinden doppelt so schnell wie der tropische Regenwald. Das haben jetzt die amerikanische Wissenschaftler John Bruno und Elisabeth Selig von der University of North Carolina bewiesen. Ihre Ergebnissen präsentierten sie am Mittwoch im Wissenschaftsjournal Public Library of Science PLoS ONE.

Für ihre Forschungsarbeit haben Bruno und Selig 6000 Studien untersucht und ausgewertet, die das Schicksal der knapp 2.700 Riffe im Indo-Pazifik zwischen 1968 und 2004 beschreibt. Dabei stellten sie fest, dass die Zahl der riffbildenden Korallen in diesem Gebiet jährlich um etwa ein Prozent abgenommen hat - der Regenwald schrumpft dagegen mit einer immer noch besorgniserregenden Rate von 0,4 Prozent im Jahr. Rund 1.500 Quadratkilometer Korallen schwinden jährlich, das entspricht der doppelten Fläche von Hamburg.

Die Forscher untersuchten, ob die Riffe mit lebenden Korallen bedeckt sind. Das sei als Zeichen ihrer Gesundheit zu verstehen. Die riffbildenden Korallen lagern Muschelkalk ein, bilden einen Mantel und legen so die Grundlage für andere, lebende Arten, sich dort anzusiedeln. Passiert dies nicht, werden diese Riffe ausgespült.

Waren um 1980 noch ungefähr 40 Prozent mit lebenden Korallenarten bedeckt, sind es seit 2003 nur noch knapp die Hälfte. Speziell im Indischen und Pazifischen Ozean sind heute nur noch zwei Prozent der Riffe so von Korallen belebt wie noch vor zwanzig Jahren. In der untersuchten Region befinden sich drei Viertel aller weltweiten Korallenriffe, sagt John Bruno. "Nirgends ist die Vielfalt der Korallen größer als hier." Hier liege das Zentrum der Artenvielfalt der Weltmeere.

"So wenig gesunde Riffe haben wir nicht erwarten", sagt Elisabeth Selig. Man sei immer davon ausgegangen, dass die Riffe im Indo-Pazifik nicht so schlimm vom Aussterben bedroht seien, wie die in der Karibik. "Aber das ist wohl nur deshalb so, weil das Gebiet dort schon umfangreicher untersucht wurde", vermutet sie. Der Rückgang der Riffe in der Karibik beträgt zurzeit rund 1,5 Prozent im Jahr.

Als Ursachen dieser Verluste sehen die Forscher zum einen die erhöhten Meerestemperaturen. Und diese seien wiederum die Folgen der globalen Klimaveränderungen. In wärmeren Meerwasser können die Algen auf Dauer nicht überleben, die normalerweise mit den Korallen in Symbiose leben. Die Algen sind fest in den Nährstoffhaushalt der Korallen eingebunden. Erwärmt sich nun das Wasser, bilden die Algen Giftstoffe und die Korallen sterben, zurück bleibt nur die weiße Kalkgrundlage. Dieses Phänomen wird "Korallenbleiche" genannt.

Aber auch Krankheitserreger, Abwässer in Küstennähe und die Zerstörung der Riffe durch Fischernetze und Anker seien verantwortlich für den drastischen Rückgang der Korallenriffe.

"Die Riffe haben viele Jahre lang wirtschaftlich und kulturell eine Rolle gespielt", urteilen die Wissenschaftler. "Es drohen der Fischerei und dem Tourismus Verluste in Millionenhöhe, wenn nichts getan wird."

Die Forscher fordern feste Regelungen, um die Riffe heilen zu können. "Dazu gehören die Wiederherstellung der Korallenriffe und der Abbau von Fischereimethoden, die den Korallen schaden", sagt Bruno. Denn die Riffe bieten einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren, wie Würmer oder Weichtiere, einen Lebensraum, der geschützt werden müsse.

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