Lokführer: Berliner rüsten sich für den Bahnstreik

Ab Donnerstag wollen die Lokführer streiken. Die Bahn, ihre Kunden und die Konkurrenz bereiten sich auf massive Einschränkungen auch bei der S-Bahn vor.

Noch stehen am Hauptbahnhof nur für Autos die Ampel auf rot Bild: AP

Jetzt ist es beschlossen: Die Mitglieder der Lokführergewerkschaft GDL haben in einer Urabstimmung mit 95,8 Prozent für einen unbefristeten Streik bei der Deutschen Bahn gestimmt. Am kommenden Donnerstag soll er - vorerst nur im Güterverkehr - beginnen. Doch angesichts der verhärteten Fronten zwischen Bahn und Gewerkschaft ist nicht ausgeschlossen, dass es in Kürze auch im Personenverkehr zu Verspätungen und massiven Störungen kommen wird. Berliner Bahnmitarbeiter, -kunden und -konkurrenten bereiten sich jedenfalls schon darauf vor.

Bahnsprecher Burkard Ahlert rechnet im Falle eines erweiterten Streiks mit großen Einschränkungen im Bahn- und S-Bahnverkehr in Berlin und Brandenburg. "Ich gehe aber nicht davon aus, dass alles stillsteht", fügte er hinzu.

Viele Fahrgäste werden sich jedoch Alternativen überlegen müssen, wie sie zur Arbeit kommen. "Ich fahre jedes Wochenende mit der Bahn nach Süddeutschland", sagt der Reutlinger Jörg Bauer, einer von vielen Bahnkunden im Hauptbahnhof. "Wie ich dann nach Hause kommen soll, muss ich mir wohl oder übel spontan überlegen."

Im Zweifelsfall sollte er sich frühzeitig um eine Mitfahrgelegenheit bemühen. Denn schon jetzt beginnen offenbar immer mehr Reisende angesichts des drohenden Streiks, ihre Reiserouten auf die Straße zu verlegen. Die telefonischen Suchanfragen seien in den vergangenen Tagen um bis zu 20 Prozent gestiegen, sagte Hans Ludwig Klaus, der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Mitfahrzentralen in Deutschland und Europa.

Im Stadtverkehr Berlin werden die Fahrgäste auf BVG, Taxi oder Fahrrad umsteigen müssen, um rechtzeitig ans Ziel zu gelangen. Die BVG hat bereits angekündigt, im Notfall mehr U-Bahnen und Busse einzusetzen. Das sei auch notwendig, sagt Christfried Tschepe, Vorsitzender des Fahrgastverbands IGEB.

Er kritisiert die Entscheidung der Lokführer-Gewerkschaft. "Deren Mitglieder schätzen die persönlichen Auswirkungen auf die Fahrgäste nicht richtig ein", sagte er. Denn mit dem Streik würden die Verkehrsteilnehmer unweigerlich in eine Zweiklassengesellschaft geteilt: Diejenigen, die zur Not auf das Auto ausweichen könnten, und diejenigen, die aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen auf die Bahn angewiesen seien.

Tschepe hofft jedoch, dass zumindest die Auswirkungen eines möglichen Streiks auf die Berliner S-Bahn gering sind. "Viele Mitarbeiter dort sind nicht Mitglied der GDL, sondern bei deren Konkurrenten Transnet." Und die beteilige sich nicht am Streik.

Die Meinung bei den Berliner Fahrgästen am Hauptbahnhof zum Bahnstreik ist geteilt. Während ein Reisender, der nicht vom Bahnverkehr abhängig ist, den Streikenden "seine vollste Zustimmung" ausspricht, hält Michael Reichentrog, Fahrlehrer aus Lübeck, deren Forderungen nach 31 Prozent Lohnerhöhung für "überzogen".

Von Seiten der Bahn wird versichert, den Reisenden mögliche Unpässlichkeiten so gering wie möglich zu gestalten. Mit einem Notfallplans für alle betroffenen Bahnhöfe in Berlin, der auch schon bei den letzten Streiks in Kraft trat, habe man sich vorbereitet. "Wir werden versuchen, den Fahrgästen durch regelmäßige Informationsvergabe und gesteigerten Service die Beeinträchtigungen beim Reisen erträglich zu machen", versichert Gabriele Schlott, die bei der Bahn für die Bahnhöfe zuständig ist. Dies soll durch regelmäßige Lautsprecherdurchsagen sowie Handzettel und Plakate, auf denen auf den Streik hingewiesen wird, bewerkstelligt werden.

Außerdem stehe den Reisenden eine kostenlose Hotline zur Verfügung, deren Nummer ebenfalls im Bahnhof aushängen wird. Zudem will die Bahn mehr Servicepersonal in die Bahnhöfe schicken, die den gestressten Fahrgästen als Ansprechpartner bei der Orientierungssuche dienen sollen.

Einen Weg, dem Ganzen zu entgehen, hat die Berliner Seniorin Erna Peters gefunden: "Ach, man kann ja auch mal zu Hause bleiben. Man ist ja nicht mehr so mobil."

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