Kambodscha: Anklage gegen Ex-Chef von Folterknast

30 Jahre nach Ende der Khmer-Rouge-Terrorherrschaft in Kambodscha steht der erste mutmaßliche Täter vor Gericht.

Mädchen vor Foto von Ex-Gefängnischef Kaing Gek Iev : dpa

BANGKOK taz Das von der UNO unterstützte Völkermord-Tribunal in Kambodscha hat sein erstes Verfahren eingeleitet. Am späten Dienstagabend wurde bekannt, dass ein mutmaßlicher Täter des Khmer-Rouge-Regimes formell angeklagt wird: Kaing Khek Iev, Exleiter des Foltergefängnisses Tuol Sleng, müsse sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten, so die Richter. Daher werde er in Untersuchungshaft genommen. Allein im Tuol-Sleng-Gefängnis in Phnom Penh sollen mindestens 15.000 Menschen gefoltert und anschließend auf den sogenannten Killing Fields außerhalb der Hauptstadt ermordet worden sein. Insgesamt starben während der Schreckensherrschaft der Roten Khmer zwischen 1975 und 1979 etwa 1,7 Millionen Kambodschaner.

Kaing Khek Iev, auch unter dem Namen "Duch" bekannt, war laut Beobachtern Kopf der internen Sicherheitsdienste. Folterungen und Morde soll er eiskalt geplant und angeordnet haben. "Duchs" Anwalt hingegen wies die Vorwürfe an seinen Mandanten zurück: Der ehemalige Lehrer und Mathematiker habe "nur auf mündliche Anweisung von oben gehandelt".

Bereits seit 1999 saß "Duch" in einem Militärgefängnis, nachdem sein Aufenthaltsort entdeckt worden war. Vor der vorrückenden vietnamesischen Armee war er 1979 zusammen mit anderen Rote-Khmer-Funktionären um Anführer Pol Pot in ein Dschungelgebiet an der Grenze zu Thailand geflohen. Pol Pot starb 1998, und auch Kaing Khek Iev galt viele Jahre als tot. Dass der heute 65-Jährige dem internationalisierten Tribunal übergeben wurde, ist der bisher entscheidendste Schritt, seit das Gericht vor mehr als einem Jahr seine Arbeit aufgenommen hatte.

Lange Zeit hatten Streite über Verfahrensfragen den Prozess blockiert. Zum Beispiel wollten die kambodschanischen Richter nicht zulassen, dass ausländische Strafverteidiger Opfer und mögliche Angeklagte befragen. Darauf aber hatte die UN-geführte Seite bestanden, um einen Schauprozess unter einer von Kambodschas Regierung manipulierten Justiz zu vermeiden. Erst vor wenigen Wochen hatten sich beide Seiten geeinigt.

Kritiker haben stets moniert, dass den Anklägern, deren Mandat auf drei Jahre begrenzt ist, die Zeit davonlaufe. Es dürfe nicht nur Kaing Khek Iev zur Rechenschaft gezogen werden, zumal dessen Übergabe an das Tribunal als einfach galt, da er ohnehin seit acht Jahren in Haft saß. Mittlerweile hat das Gericht vier weitere Verdächtige als mutmaßliche Täter benannt, ihre Namen aber bisher nicht offiziell bekannt gegeben.

Fast 30 Jahre lang musste sich kein hochrangiger Roter Khmer juristisch verantworten. "Duch" war der einzige Inhaftierte, nachdem Exmilitärchef Ta Mok im Juli 2006 starb. Andere frühere Rote Khmer wurden von der Regierung amnestiert und leben in Freiheit, etwa der frühere Staatschef Khieu Samphan, Exaußenminister Ieng Sary oder der als "Bruder Nummer zwei" berüchtigte Nuon Chea. Beobachter mutmaßen, dass jene drei zu den Verdächtigen gehören, die auf der Anklageliste des Tribunals stehen.

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