Kommentar: Drama um südkoreanische Geiseln

Das Entführungsdrama in Afghanistan zeigt, dass christliche Missionare zu grosse Risiken eingehen. Sie sind eine Gefahr für den Frieden in der Region.

Mit der Ermordung zweier Geiseln ist das Entführungsdrama in Afghanistan zur Tragödie geworden. Doch wie konnten die 23 Südkoreaner erst in eine solche Lage kommen? Wer ohne Schutz, Kontakte und nennenswerte Landeskenntnisse mit dem Kleinbus von Kabul nach Kandahar fährt, begibt sich ohne Zweifel auf eine Selbstmordmission. Die verantwortlichen Kirchenführer tragen daher eine Mitschuld an der Situation. Es ist schwer zu beurteilen, was sich die koreanische Kirchengemeinde dabei gedacht hat, junge Menschen auf eine solche Mission zu schicken. Hoffentlich nicht die Vorstellung, dass die beste Nachfolge Christi im Martyrium besteht.

Schon im vergangenen August, als rund 1.000 südkoreanische Christen in Afghanistan auftauchten, die einen "Friedensmarsch" durch das Land planten, machte sich unter Landeskennern Entsetzen breit. Schon damals war die Sicherheitslage angespannt: Erst kurz zuvor hatte ein aufgebrachter Mob die Büros mehrerer internationaler Organisationen in Kabul angegriffen und zum Teil demoliert. Der Auftritt der Südkoreaner mit weißen Atemschutzmasken und naiver Frömmigkeit bildete dazu einen geradezu irrealen Kontrast.

Damals gelang es der Kabuler Regierung noch, die Friedensmarschierer schnell wieder loszuwerden. Das ist im Falle der jetzt in Geiselhaft sitzenden koreanischen Protestanten nicht mehr möglich. Ihre Entführung hat die politische Krise angeheizt, die die ohnehin schon geschwächte Regierung von Präsident Hamid Karsai weiter unter Druck setzt. Für Karsai steht viel auf dem Spiel: Südkorea ist ein wichtiges Geberland und versucht selbstverständlich, seine Landsleute freizubekommen. Karsai fürchtet, dass dies weiteren Geiselnahmen in Afghanistan Vorschub leistet und ihm erneut den Vorwurf eintragen wird, er sei eine Marionette ausländischer Mächte.

Die afghanische Regierung und die Geberländer müssen sich deshalb zusammensetzen und überlegen, welche Art von Entwicklungshilfe für Afghanistan sinnvoll und wünschenswert ist. In der jetzigen politischen Situation stellt eine christliche Missionstätigkeit eine Gefahr für den Frieden in der gesamten Region dar.

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