Lebensmittelskandal: Fleisch gammelt weiter

Ein schwäbisches Kühlhaus wurde zum zweiten Mal geschlossen, weil Kontrolleure dort verdorbenes Fleisch gefunden haben. Der Fall beschäftigt nun den Bayrischen Landtag.

Rind, hier noch ganz frisch. Bild: dpa

AUGSBURG taz Es war das Ende einer Bewährungsprobe im bayerischen Gammelfleisch-Skandal: Am vergangenen Freitag musste das Kühlhaus im schwäbischen Illertissen schon zum zweiten Mal dicht machen. Das Verwaltungsgericht Augsburg lehnte einen Eilantrag der Betreiberfirma ab, mit dem die Verantwortlichen die Schließung durch die Bezirksregierung doch noch verhindern wollten.

Es habe "Defizite im Wareneingangskontrollsystem gegeben", heißt es in der Gerichtsentscheidung. Außerdem sei nicht gewährleistet gewesen "dass nur lebensmitteltaugliche, sichere Waren in den Verkehr gelangten."

Auf dem Betriebsgelände des Unternehmens Kollmer hatten Kontrolleure im Februar verdorbenes Fleisch gefunden, woraufhin die Regierung die Schließung veranlasst hatte. Später wurde dem Unternehmen unter strikten Auflagen und unter neuem Namen die Weiterführung genehmigt. Im Juni entdeckten Kontrolleure in dem Kühlhaus jedoch erneut Gammelfleisch.

Die Bezirksregierung von Schwaben als Aufsichtsbehörde kann nach dem Gerichtsentscheid nun komplett das Lagern und Verarbeiten von Fleisch untersagen, erklärte Regierungssprecher Karl-Heinz Meyer.

Der Illertissener Betrieb, in dem immer wieder verdorbene Ware gefunden wurde, wird in Kürze auch den Bayerischen Landtag beschäftigen. Das haben SPD und Grüne durchgesetzt. Die CSU hatte zunächst verhindern wollen, dass das Thema auf die Tagesordnung des Gammelfleisch-Untersuchungsausschuss kommt.

Trotz des Durchgreifens in Illertissen sind für den Grünen-Abgeordneten Adi Sprinkart die Fehler im Kontrollsystem noch längst nicht gelöst. Der gelernte und praktizierende Landwirt sieht nach wie vor schwarz für die Sicherheit von Lebensmitteln. Der Parlamentarier wirft den Kontrolleuren vor, einer "Kultur des Wegsehens" zu huldigen. Seine Liste der "Schmuddel-Firmen" reicht von Berger-Wild über die Illertissener Firma und deren Tochterfirma in Niederbayern bis hin zu den oberbayrischen Mitgliedern in dem, was er "Club der Fleischmisshandler" nennt. Das Beispiel der Münchner Firma Brunner vom vergangenen Sommer macht den Parlamentarier besonders wütend. 40 Prozent des dort gelagerten Fleisches waren nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet. "Und die Kontrolleure hatten nichts gefunden", so Sprinkart.

Als Gegenmittel fordert Sprinkart eine engere Zusammenarbeit mit dem Zoll, eine deutliche Verschärfung des Lebensmittelrechts und besser ausgebildete Kontrolleure.

Das alles sei zum größten Teil schon geschehen oder vom Freistaat beantragt worden, kontert der Sprecher des bayerischen Umweltministeriums Roland Eichhorn. "Wir haben viel gelernt aus den Ereignissen der vergangenen Jahre", sagt er. Die Lebensmittelsicherheit sei durch eine Reihe von Maßnahmen verbessert worden. Die geforderte engere Verzahnung von Zoll, Polizei, Amtstierärzten und Lebensmittelkontrolleuren sei schon erfolgt, wo immer dies möglich sei. Die 35-köpfige Lebensmittel-Taskforce könne im Bedarfsfalle von bis zu 30 weiteren Experten unterstützt werden.

Der Ministeriumssprecher kündigte an, dass die Behörden bei Firmenneugründungen besonders darüber wachen werde, ob es sich nicht um eine Scheinfirma handelt. Auch in Illertissen müssen die Behörden wohl weiter wachsam sein: In einer ersten Reaktion auf den Schließungs-Bescheid des Verwaltungsgerichts kündigte der Firmenanwalt an, das Kühlhaus in Kürze komplett zu verkaufen. Wer der Käufer ist, teilte er dabei nicht mit.

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