Verwaltungsreform: Umweltämter vor der Demontage

Die Verwaltungs- und Gebietsreformen in den ostdeutschen Ländern führen zu einer Zersplitterung von Aufgaben wie Umwelt- und Naturschutz.

Künftig werden sich weniger Mitarbeiter um Naturschutzgebiete wie die Sächsische Schweiz kümmern. Bild: dpa

DRESDEN taz Die Befürchtungen waren berechtigt: Schon im Februar hatte der Sachverständigenrat für Umweltfragen vor einer "alarmierenden Entwicklung" gewarnt. Die vermeintliche Modernisierung der Umweltämter, erklärte das Beratergremium der Bundesregierung, führe zu einer Zersplitterung bis zum "völligen Wegfall von umweltrelevanten Aufgaben" wie Emissionsschutz, Natur- und Landschaftsschutz oder der Kontrolle darüber, ob Bauvorhaben auch ökologisch verträglich sind. Die Vorlage zur Gebiets- und Funktionalreform, die die sächsische Landesregierung jetzt in den Landtag eingebracht hat, bestätigt diese Ausrichtung. Es deute vieles darauf hin, "dass mit den administrativen Änderungen ein faktischer Abbau der umweltpolitischen Handlungs- und Steuerungskapazität einhergeht", schreibt Jörg Bogumil, Professor für Verwaltungswissenschaften an der Uni Bochum, in einem Gutachten.

Seit der Föderalismusreform I ist die Umweltverwaltung Ländersache. Besonders die ostdeutschen Länder stehen aber wegen des planmäßigen Rückgangs der Solidarpakt-Einnahmen ab 2009 und dem anhaltenden Bevölkerungsschwund finanziell unter Druck - und reagieren mit Verwaltungsreformen.

Bislang galt die Umweltverwaltung Sachsens als vorbildlich. Dort wurden die fünf staatlichen Umweltfachämter bereits 2005 als untere Landesbehörden in die drei Regierungspräsidien eingegliedert. Dabei wurden praktisch nur die Türschilder ausgetauscht. Kompetenz und Kapazitäten der Ämter blieben erhalten.

Nach den neuen Plänen soll das Landesamt für Umwelt und Geologie zwar weiterhin oberste Umweltbehörde sein, der Umweltbereich verliert aber durch die Zusammenlegung mit der Landesanstalt für Landwirtschaft an Gewicht. Aus den Umweltfachämtern sollen 385 der fast 700 Stellen auf die künftigen 13 Großkreise verteilt werden. Zugleich will die Staatsregierung den so genannten Mehrbelastungsausgleich, den die Kommunen für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben erhalten, ab 2011 reduzieren - sie erwartet von der Gesamtreform eine Effizienzrendite von 25 bis 30 Prozent. Die Kommunen werden also um einen Stellenabbau nicht herumkommen.

Gutachter wie Bogumil oder der Politikprofessor Arthur Benz von der Fernuniversität Hagen sehen in der Kommunalisierung das Hauptproblem. Weder die verbleibenden Mitarbeiter in den Regierungspräsidien, die künftig Landesdirektionen heißen sollen, noch die auf die Kommunen aufgeteilten Mitarbeiter könnten ihre oft komplexen und hochspezialisierten Aufgaben weiterhin auf dem gewohnten Niveau erfüllen. Mit der Übertragung von Genehmigungs- und Überwachungsaufgaben beim Emissionsschutz auf die Kommunen gehe Sachsen beispielsweise so weit wie kein anderes Bundesland.

"Uns erwartet auf mittlere Sicht eine Zerschlagung der ungeliebten Umweltverwaltung", kommentiert der grüne Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi in Sachsen.

In Sachsen-Anhalt, wo die Kreisreform am 1. Juli in Kraft getreten ist, kann man erste Folgen schon beobachten. "Die vier bis sechs Leute in den Umweltämtern der neuen Großkreise sind überlastet und können kaum noch vor Ort kontrollieren", berichtet Julia Wendenkampf vom Umweltverband BUND. Und im übergeordneten Landesverwaltungsamt säßen eben fast nur Verwaltungsbeamte. Wie hatte der Sachverständigenrat in seinem Februar-Gutachten doch geschrieben? "Wir fordern eine Aufwertung der Umweltverwaltungen!"

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