EU-Finanzminister: Sarkozy mischt sich ein

Der französische Präsident fordert die Zentralbank an die kurze Leine zu nehmen - doch seine Kollegen wollen davon nichts wissen.

So nah kamen sie sich während des gesamten Treffens nicht mehr: Sarkozy und Juncker. : dpa

BRÜSSEL taz Es gibt Umarmungen, gegen die man sich nicht wehren kann. Sichtlich widerwillig ließ sich Jean-Claude Juncker nach dem Treffen der Finanzminister der zwölf Euroländer von Frankreichs Staatschef Sarkozy abdrücken. Am liebsten wäre Juncker, dem dienstältesten Regierungschef im Kreis der Eurogruppe und ihr Vorsitzender für zweieinhalb Jahre, wohl gewesen, der ungebetene Gast wäre zu Hause in Paris geblieben.

Es war das erste Mal, dass sich ein Staatschef, der nicht wie Juncker gleichzeitig Finanzminister ist, in das Treffen hineingedrängt hatte. Sarkozys Botschaft: Geldpolitik ist Chefsache. Ob und wann Schulden abgebaut werden, bestimmt nicht die EU-Kommission oder ein Fachminister, sondern der Boss. Die elf anderen Schatzmeister des Euroraums allerdings müssen ihm klargemacht haben, dass sie sich dieser Linie nicht anschließen werden. Zwar reckte Sarko nach dem Treffen den erhobenen Daumen in jede sich bietende Kamera, doch er versprach, zusätzliches Wachstum für den Schuldenabbau zu nutzen und möglichst 2010 die Neuverschuldung auf null zu reduzieren - wie im April beim informellen Treffen der Finanzminister vereinbart worden war.

"Viele Minister haben verstanden, dass ich ein bisschen Zeit brauche für Reformen. Unter diesem Pragmatismus muss der Stabilitätspakt gesehen werden", erklärte der französische Präsident. Im September werde er seine Haushaltspläne für 2008 den EU-Gremien vorlegen. "Wenn man Reformen angeht, braucht man dafür zusätzliches Geld." Das sieht Juncker jedoch anders. Er erinnerte Sarkozy an seine Zusagen von April - und lobte seinen "europäischen Geist".

Eigentlich war Sarkozy nach Brüssel gereist, um bei den Finanzministern für sein Konzept einer "Wirtschaftsregierung" zu werben. Dahinter versteckt sich der Wunsch, die Europäische Zentralbank an die kürzere Leine zu nehmen und den Regierungen mehr Einfluss auf die Geldpolitik zu geben. Das Thema sei aber gar nicht zur Sprache gekommen, weil er die Zeit gebraucht habe, "um die französische Wirtschaftspolitik zu erklären". Auch sein Plan, auf einem Sondergipfel im Herbst darüber zu sprechen, stößt auf wenig Gegenliebe. Es werde stattdessen im Rahmen des regulären Herbsttreffens der Chefs erörtert, erklärte Sarkozy in Brüssel. Dazu sagte der Europaabgeordnete Alexander Radwan (CSU) der taz: "Die Kernbereiche der Wirtschaftspolitik sind doch bereits europäisiert - also Binnenmarkt und Wettbewerbsrecht. Gleichzeitig steigen in den Mitgliedstaaten die protektionistischen Tendenzen. Wenn es darum geht, die nationalen Märkte abzuschotten, sind Franzosen und Spanier doch die Ersten - da muss man nur an Fälle wie EDF, SUEZ oder Endesa denken."

Zu Sarkozys Klage, der starke Euro schaffe Probleme für die französische Exportwirtschaft, meint Radwan: "Sarkozy hat Recht, dass wir die Dollarabhängigkeit reduzieren müssen. Wenn Sarkozy wie beim Airbus mit dem Wechselkurs Probleme hat, dann soll er doch dafür sorgen, dass künftig die Airlines ihre Rechnungen in Euro und nicht in Dollar bekommen."

Einen Punkt immerhin konnte der französische Präsident am Ende für sich verbuchen. Die Finanzminister einigten sich darauf, Dominique Strauss-Kahn als Kandidaten für den Chefposten beim Internationalen Währungsfonds vorzuschlagen. Damit löst der Machttaktiker Sarkozy gleich zwei Probleme: Ein Franzose auf dem Posten würde zusätzliches Prestige und Einfluss für Paris bedeuten.

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