Perspektiven: Darfur 2.0

Digitale Menschenrechte: Google Earth und amnesty international zeigen Satellitenbilder aus Darfur.

Alles gut zu sehen. Auch zu verstehen? Bild: dpa

n der linken Hand die Fernbedienung, die rechte auf der Sessellehne und auf dem Bildschirm grün schimmernde Flächen. Was aussah wie Fußball, war ein Krieg. "Da hinten schlägt gerade eine Bombe ein", sagt ein Reporter. Das war der Beginn des zweiten Golfkriegs im Fernsehen. Krieg, als wär er ein Fußballspiel.

Explosionen, Bombardements und Opfer, schrieb die Publizistin Susan Sontag, seien spätestens seit dem Vietnamkrieg "fester Bestandteil im Unterhaltungsprogramm des häuslichen Pantoffelkinos", die Folge sei die Auslösung von routinemäßigen Gefühlsreaktionen. Krieg also? Schrecklich! Ist noch Bier im Kühlschrank?

Nun, in Darfur ist die Möglichkeit, von der Couch aus an einem kriegerischen Konflikt teilzuhaben, größer als je zuvor. Es sind schockierende Bilder zu sehen von brennenden Dörfern und toten Menschen. Google erweiterte vor wenigen Wochen sein Landkartenprogramm Google Earth, um das Ausmaß der Zerstörungen in der Krisenregion im Sudan zu zeigen. Und die Menschenrechtsorganisation amnesty international liefert seit einem Monat auf der Webseite www.eyesondarfur.org häufig aktualisierte, ebenfalls von einem Satelliten eingefangene Bilder.

Die Satellitentechnik, früher militärisch genutzt, wird so Instrument einer Weltöffentlichkeit, die nicht mehr nur auf der Couch sitzt und sich von Reportern, die über wenig Information verfügen, erzählen lässt, was sie wissen darf. Natürlich, zur Versorgung der Welt mit mehr Hintergrund kann auch diese Technik nichts beitragen. Man sieht auch bei Eyesondarfur nur, dass ein Dorf brennt. Warum es brennt, kann nicht in allen Einzelheiten geklärt werden.

Doch andere Probleme verändern sich. Man kann das, was Susan Sontag routinemäßige Emotionalisierung nannte, im Fall der Darfur-Bilder auch Aktivität und Antikriegsarbeit durch die Internetuser nennen. Ziel des Projekts von amnesty international ist es, den Druck auf die Regierung in Khartum zu erhöhen, damit endlich eine Blauhelmtruppe in der Unruheregion stationiert werden könne, sagt Larry Cox, der Leiter von amnesty international USA. Die sudanesische Regierung solle wissen, dass die Welt aufmerksam in den Sudan schaue. Jedes Anklicken der Webseite als kleiner Beitrag gegen Menschenrechtsverletzungen, das ist der Plan sowohl von amnesty als auch von Google Earth.

Ein Beigeschmack der Technik bleibt freilich: Jede Überwachungsmöglichkeit bietet auch eine Gefahr. Jeder kann sie nutzen - theoretisch also auch, um Menschenrechte zu verletzen, nicht nur, um sie zu schützen.

Zunächst aber wandten sich nun die Surui im brasilianischen Amazonasgebiet an Google Earth, weil sie darauf aufmerksam machen wollen, dass sie von illegalen Holzfällern bedroht würden. Google hilft.

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