Olympia: Der Wintersport der Zukunft

12 Millarden Dollar sollen in Sotschi investiert werden. Orte mit weniger Geld dürften künftig chancenlos sein.

Sportsfreund Putin beim Skifahren in Sotschi. Auch bei der Olympiabewerbung der südrussischen Stadt zeigte er viel persönlichen Einsatz. Bild: ap

BERLIN taz Wladimir Putin hat es gerichtet. Nachdem die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) über den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 entschieden und dem russischen Schwarzmeerort Sotschi den Zuschlag erteilt hatten, waren sich nicht wenige der am Tagungsort in Guatemala-Stadt anwesenden Sportfunktionäre einig, dass es der Auftritt des Präsidenten war, der die Wahl entschieden hat.

Verlierer Salzburg: Die Stadt am Fuße des Untersberg ist bereits zum dritten Mal mit einer Olympiabewerbung gescheitert. Die Idee, sich als Ausrichter von "Olympischen Spielen der Herzen" zu präsentieren, fand zu wenige Anhänger. Der Standard schrieb, es sei "ein bissl arg naiv zu glauben, man könne in einer globalisierten Sportökonomie mit so etwas wie dem olympischen Gedanken allein punkten".

Verlierer Pyeongchang: Das südkoreanische Skiresort hatte sich schon um die Spiele 2008 beworben. Nun will Pyeongchang 2018 Olympiastadt werden. Bei einem Erfolg würden nach Sapporo 1972 und Nagano 1998 zum dritten Mal Winterspiele in Asien stattfinden.

Gewinner München? Nachdem die Bewerbung Salzburgs, deren Paket auch Wettkämpfe in Königssee enthalten hatte, gescheitert ist, sind die Chancen gestiegen, dass 2018 ein Austragungsort in den Alpen den Zuschlag bekommt. In München wird schon seit geraumer Zeit über eine Bewerbung nachgedacht. Oberbürgermeister Christian Ude zeigte sich voller Tatendrang: "Jetzt sage ich, alle Kraft auf die Bewerbung zu konzentrieren." ARUE

"Putins Ausstrahlung hat 4 Stimmen gebracht", sagte das französische IOC-Mitglied Jean-Claude Killy. Der einstige Skiheld hat Erfahrung, was Olympiavergaben angeht. Er stand an der Spitze der Bewerbung von Albertville, wo die Winterspiele 1992 stattgefunden hatten.

In der zweiten Abstimmungsrunde setzte sich Sotschi mit 51:47 Stimmen gegen den südkoreanischen Skiort Pyeongchang durch. Salzburgs Bewerbung, die mit der Bob- und Rodelbahn in Königssee auch eine deutsche Komponente enthielt, war bereits nach der ersten Abstimmungsrunde ausgeschieden.

Putin hat sich also richtig ins Zeug gelegt für die russische Olympiabewerbung. Bei der Schlussvorstellung der drei Kandidatenstädte präsentierte er sich als wahrer Charmebolzen. Als er in seiner Rede Passagen in englischer und französischer Sprache einstreute, rieb sich so manch Beobachter verwundert die Augen. Freundlich lächelnd versprach er den Olympiern, dass alle Sportstätten bis 2014 rechtzeitig fertig werden. In der Tat muss fleißig gebaut werden am Fuße des Kaukasus. Zwar gibt es ein paar kleine Skigebiete oberhalb Sotschis, doch als Wettkampfstätten taugen sie nicht. Der Badeort muss erst noch umgebaut werden zum Wintersportparadies mit Palmenstrand.

Dass mit russischem Geld und Know-how Wintersport selbst in tropische Gefilde transplantiert werden kann, das haben die Bewerber aus Sotschi in Guatemala bewiesen. Um die Wahlmänner und -frauen zu beeindrucken, hatten die Russen eine Eislaufbahn am Tagungsort aufgebaut. Das ist gut angekommen, ebenso wie das Versprechen, dass die Spiele im Kaukasus auf Naturschnee stattfinden werden. Putin höchstselbst garantierte Schneesicherheit.

12 Milliarden Dollar will Russland in den Aufbau eines Wintersportzentrums investieren. Das offizielle Budget der Bewerberstadt Sotschi beträgt allerdings lediglich 1,5 Milliarden Dollar. Nur diese Zahl gilt für den Präsidenten des IOC, Jacques Rogge: "Das liegt völlig im üblichen Bereich." Die virtuelle Olympiabewerbung, bei der die Sportstätten nur als Computer-Animation vorgestellt werden konnten, gefiel dem Belgier. Sotschi habe ein "starkes und visionäres Projekt" angestoßen.

Auch Mitbewerber Pyeongchang präsentierte sich in Guatemala-Stadt als Wintersportort der Zukunft. Die Südkoreaner verstanden ihre Olympiabewerbung ebenso wie die Russen als Startschuss in die Wintersportzukunft. Das Kopf-an-Kopf-Rennen von Pyeongchang und Sotschi, die beide mit riesigen Investitionssummen für sich warben, wurde von etlichen Beobachtern als wegweisend für weitere Standortentscheidungen betrachtet. "Wir bieten an, was man mit Geld nicht kaufen kann", sagte derweil Österreichs Bundeskanzler Alfred Gusenbauer bei der Präsentation Salzburgs. Nach der Abstimmung wirkte das wie ein hilfloser Versuch, die Winterspiele an einen traditionellen Wintersportstandort zu holen. Gusenbauer sprach von einer Richtungsentscheidung. "Kleine Länder wie Österreich und die Schweiz werden in Zukunft wohl kaum mehr eine Chance haben", sagte er.

Damit bleibt Innsbruck, wo die Spiele 1964 und 1976 stattgefunden haben, Österreichs einzige Olympiastadt. In Russland fanden dagegen schon einmal olympische Spiele statt. Die Sommerspiele von Moskau 1980 sind aber wegen des Boykotts der USA und zahlreicher Verbündeter nicht in bester Erinnerung. Winterspiele wurden dagegen noch nie im Land der erfolgreichsten Wintersportnation (293 Olympiamedaillen) ausgetragen.

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