Finnland: Qualmen in der Raucherbox

Seit Juni gilt in Bars, Kneipen und Restaurants ein Rauchverbot. In einigen Kneipen gibt es Raucherboxen - Getränke darf man nicht mitnehmen.

Manche werfen auch mal mit Stühlen: ein Raucher : dpa

Die Michaelstraße im Zentrum der finnischen Hauptstadt Helsinki gleicht einer riesigen Freiluftkneipe. Die Suche nach freien Plätzen gerät zur Geduldsprobe. Fast überall wird geraucht. Auch Asmo Koste, vor sich ein volles Bierglas, zieht genüsslich an einer Mentholzigarette. Der 42-jährige Pressesprecher einer Jugendorganisation raucht seit seinem fünfzehnten Lebensjahr - eine bis anderthalb Schachteln pro Tag, wenn er mit Freunden weggeht auch schon mal mehr.

Doch mit den in Finnland nicht gerade unüblichen Saufgelagen im Kreise qualmender Bekannter am Tresen ist es jetzt vorbei. Am 1. Juni ist ein Gesetz in Kraft getreten, das Rauchen in Bars, Kneipen und Restaurants verbietet. Wer nicht ohne Nikotin auskommt, muss auf die Straße gehen oder in extra ausgewiesene Séparées. In Helsinki verfügen 6, landesweit 39 Lokale über diese Raucherboxen. Rund ein Dutzend Bars hat eine entsprechende Erlaubnis beantragt. Doch wo auch immer der Raucher seine Sucht befriedigt: alkoholische Getränke muss er an seinem Platz stehen lassen.

Asmo ist verärgert. "Wenn ich mit Leuten ausgehe, will ich relaxen und da gehört eine Zigarette dazu. In fünf Jahren wird es auch noch verboten sein, auf seinem eigenen Balkon zu rauchen."

Die Bar Sports Academy gegenüber dem Hauptbahnhof gehört zu den sechs Etablissements, die Raucher noch dulden. Dafür wurde die Bar Anfang des Jahres mehrere Monate umgebaut und schon vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Nichtraucherzone erklärt. Die muffige Zelle mit verglaster Vorderfront hat den Charme einer Herrentoilette. Maximal sieben Raucher dürfen hier gleichzeitig ihrem Laster frönen, das macht einen Quadratmeter pro Person.

Kimmo lehnt in einer Ecke und inhaliert den Qualm in einem Tempo, als wolle er einen Wettbewerb gewinnen. Hier zu rauchen mache keinen Spaß, sagt der 28-Jährige, aber er konsumiere jetzt merklich weniger Zigaretten. Und für die Angestellten der Bar sei das neue Gesetz eine gute Sache.

Das findet auch Petri Eskola, der seit 17 Jahren in Bars und seit vier Jahren im Sports Academy arbeitet. Tische und Stühle, alles sei sauberer geworden. Zwar sei die Mehrheit der Besucher Raucher, aber die würden sich an die neuen Regeln gewöhnen, sagt er. Sollte sich ein Gast dennoch eine Zigarette am Tisch anstecken, wird er höflich aufgefordert, dies zu unterlassen. Bleibt er stur, wird er hinausbefördert. Erst neulich, so erzählt Petri Eskola, habe ein Raucher vor lauter Wut mit Stühlen um sich geworfen, doch das sei die Ausnahme.

Obwohl sich die Arbeitsbedingungen für Petri Eskola verbessert haben, ist er mit dem Gesetz nicht ganz zufrieden. "Das Hauptproblem ist, dass die Leute ihre Getränke nicht mitnehmen dürfen. Manchmal ist der Platz besetzt oder das Glas weg. Außeerdem könnte jemand etwas in die Getränke hineinschütten."

Als die Sports Academy Nichtraucherbar wurde, seien zunächst weniger Gäste gekommen. Doch mittlerweile habe sich die Anzahl der Besucher auf dem vorherigen Stand eingependelt. "Die wahre Bewährungsprobe kommt erst, wenn es kalt wird", sagt Petri Eskola. In Helsinki und Umgebung liegen die Temperaturen vier bis sechs Monate im Jahr unter dem Gefrierpunkt, im Norden dauert die Frostperiode noch länger.

Kimmo nimmt die nächste Auszeit und bewegt sich wieder in Richtung Raucherkabine. Was würde er den Regierungen der deutschen Bundesländer empfehlen, die gerade an gesetzlichen Regelungen zum Nichtraucherschutz basteln? "Lasst die Bars doch Bars sein", sagt er. "Nichtraucher können am Abend ja woanders hingehen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.