Pressefreiheit: Erzwungene Beschimpfung

Im "Geständnis" einer usbekischen Menschenrechtlerin wird ein taz-Korrespondent als "korrupt" bezeichnet.

Der usbekische Präsident Islam Karimov hat sein Bild im Griff. Bild: dpa

In Usbekistan ist erneut eine inhaftierte Menschenrechtsaktivistin im Austausch gegen ein "Schuldeingeständnis" freigelassen worden. In dem Geständnis, das jetzt in Auszügen auf der Website der usbekischen Botschaft in Deutschland nachzulesen ist (www.uzbekistan.de/en/2007/e_n0613.htm), beschimpft Gulbakhor Turaeva unter anderem taz-Korrespondenten Marcus Bensmann und seine Frau Galima Bukharbaewa als "unmoralisch" und "korrupt". Sie "und andere versuchten durch Lügen und Verleumdung alles zu tun, um den Namen von Usbekistan in den Schmutz zu ziehen, das Land in einem negativen Licht dastehen zu lassen und so ihr schmutziges Geld zu verdienen", heißt es.

Bensmann, der für die taz aus Zentralasien berichtet, und seine aus Usbekistan stammende Frau, die die Website www.uznews.net leitet, waren während des Massakers von Andischan 2005 in der usbekischen Provinzstadt und hatten als zwei von wenigen Augenzeugen direkt vom Aufstand gegen die Regierung und dessen Niederschlagung berichten können.

Eine Quelle ihrer Berichterstattung damals war eben Gulbakhor Turaeva. Die Ärztin und Pathologin hatte den Journalisten die Auskunft gegeben, persönlich etwa 500 Leichen in einer Schule aufgehäuft gesehen zu haben - eine Aussage, die der offiziellen Version der Geschehnisse diametral entgegenstand. Nicht zuletzt wegen dieser Aussage war Turajeva ins Visier der Regierung geraten. Nach Monaten der Haft hat sie sie nun zurückgezogen.

Bensmann hat seit den Ereignissen 2005 nie wieder ein Einreisevisum nach Usbekistan erhalten. Bensmann sagte gestern, er glaube keine Sekunde daran, dass Turaeva irgendetwas gegen ihn habe - zu offensichtlich sei das Geständnis erzwungen worden. Dass die Meldung mit den Geständnisauszügen, geschrieben von der Nachrichtenagentur Jahon, einer offiziellen Agentur des usbekischen Außenministeriums, jetzt in Deutschland auf die Homepage der Botschaft gestellt wurde, erklärt Bensmann so: "Die Bundesregierung will, dass Usbekistan Teil der Zentralasieninitiative des Auswärtigen Amtes bleibt. Das wollen die Usbeken auch, machen aber vorher klar, wo es langgeht."

taz-Chefredakteurin Bascha Mika wollte am Donnerstag gleich ein Protestschreiben an die Botschaft richten. "Dass eine amtliche Presseagentur einer Regierung Beschimpfungen gegen ausländische Journalisten verbreitet, zeigt ein seltsames Verständnis von Pressefreiheit. Ich fordere die usbekische Botschaft auf, den Text von ihrer Seite zu entfernen und Journalisten in Usbekistan die ungehinderte Ausübung ihres Berufes zu ermöglichen," sagte Mika.

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