Großrazzia gegen mutmaßliche Terroristen

In Australien werden 16 Personen unter dem Vorwurf festgenommen, sie bereiteten einen Terroranschlag vor

CANBERRA taz ■ Hunderte von Polizisten und Beamte des Inlandsgeheimdienstes Asio haben gestern Früh in Sydney und Melbourne mehr als 20 Häuser gestürmt. Dabei nahm die Polizei nach eigenen Angaben 16 mutmaßliche Terroristen fest, einer von ihnen wurde bei einer Schießerei lebensgefährlich verletzt. Laut Behörden sei es gelungen, einen „groß angelegten Terrorangriff“ zu verhindern, der „zu einer katastrophalen Situation“ hätte führen können.

Bei den Festgenommenen soll es sich Berichten zufolge um australische Staatsbürger sowie um Ausländer mit einem Daueraufenthaltsrecht handeln, darunter der aus Algerien stammende muslimische Geistliche Abu Bakr. Er hatte sich kürzlich im Fernsehen positiv zur Terrororganisation al-Qaida geäußert. Laut Polizei hätten einige der Festgenommenen den Bau einer Bombe vorbereitet. Medien meldeten, es seien zum Bombenbau geeignete Chemikalien beschlagnahmt worden. Die gleichen Stoffe seien am 7. Juli bei den Terroranschlägen in London benutzt worden.

Die Polizeichefin des Bundesstaats Victoria, Christine Nixon, sprach vom bislang größten Anti-Terror-Einsatz des Landes. Die Verdächtigen aus Melbourne wurden noch am Morgen einem Haftrichter geführt. Abu Bakr wirft vorgeworfen, eine „terroristische Organisation“ zu führen. Die anderen Festgenommenen werden der Mitgliedschaft beschuldigt. Offenbar hatten die Behörden die Verdächtigen schon seit längerer Zeit observiert. In abgehörten Telefonaten hätten sich einige für einen „heiligen Krieg“ gegen „Ungläubige“ ausgesprochen. Ein Mann habe die Absicht geäußert, als Selbstmordattentäter sterben zu wollen. Auch habe die Gruppe die Ermordung von Frauen und Kindern befürwortet.

Mögliche Anschlagsziele nannten die Behörden nicht. Experten glauben aber, dass bekannte Gebäude wie das Opernhaus in Sydney und die Hafenbrücke von Verdächtigen ausspioniert wurden.

Die Aktion kommt nur wenige Tage nachdem Premierminister John Howard erklärte, es gäbe gezielte Hinweise auf mögliche Anschläge. Danach verschärfte das Parlament die Anti-Terror-Gesetze, womit die Festnahme Verdächtiger erleichtert wird. Eine weitere Verschärfung liegt dem Parlament aber noch vor. Gegen die Maßnahmen, die viele Grundrechte massiv beschneiden würden, wehren sich kleinere Parteien. Jetzt dürfte es für sie schwieriger werden.

Australiens muslimische Gemeinde reagierte mit einer Mischung aus Erleichterung und Angst auf die Festnahmen. Einerseits sei es gut, dass „radikale Elemente“ verhaftet worden seien, sagte ein Sprecher. Adan Houda, der Anwalt eines Festgenommenen nannte dagegen die Aktion eine „skandalöse politische Verfolgung“ der muslimischen Minderheit. Für den Vorwurf, die Festgenommenen bereiteten einen Anschlag vor, gäbe es keinen Beweis. Ein anderer Kritiker klagte, Frauen mit traditionellem Kopftuch würden sich aus Angst vor Verbalattacken weißer Australier nicht mehr aus dem Haus wagen. URS WÄLTERLIN