Hannover zeigt München den Finger

ERNERGIEWENDE Per Zeitungsanzeige warnt Niedersachsens SPD-Wirtschaftsminister Olaf Lies bayerische Unternehmen vor Stromausfällen – und bringt den Ober-Bayern Horst Seehofer in Rage

Bayerns Staatsregierung kann die halbseitige Anzeige, die Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies im Politikteil der Süddeutschen Zeitung geschaltet hat, nur als Provokation verstehen: Mittelfristig sei die „sichere Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien in Bayern nicht gewährleistet“, warnt der lächelnd abgebildete Sozialdemokrat Lies da – und umwirbt die bayerischen „lieben Unternehmerinnen und Unternehmer“: Wenn die mit ihren Firmen nicht irgendwann im Dunkeln sitzen wollten, sollten sie doch in den Norden umziehen.

Und wie einkalkuliert reagieren die Lederhosen gereizt: Pipifax sei Lies‘ Aktion, schimpft Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer von der CSU: „Das Geld können‘s genauso gut in den Kamin tun. Fluchtbewegungen aus Bayern sind nicht bekannt.“

Auch in Hannover amüsiert die einmalige Aktion, die Niedersachsen satte 73.500 Euro gekostet hat, nicht alle: Verschwendung sei die Anzeige, so Bernhard Zentgraf, Vorsitzender des Bunds der Steuerzahler in Niedersachsen. Über eine teure Luftnummer meckert auch der Fraktionsvize der oppositionellen CDU, Dirk Toepffer.

Die Anzeige diene allein dazu, „den Bayern einmal den Stinkefinger zu zeigen“, findet Lies‘ Vorgänger als Wirtschaftsminister, Jörg Bode. Immerhin: Der FDP-Mann räumt ein, dass Bayern den Trend zu den immer preiswerteren Erneuerbaren verschlafen habe – und Strom in Süddeutschland bald teurer sein dürfte als im Norden.

Minister Lies, gerade auf Unternehmensbesuch im Freistaat, ist dagegen zufrieden: Er habe „die überaus problematische Rolle Bayerns“ verdeutlichen wollen, schreibt er auf Facebook – und meint Verzögerungen neuer Stromtrassen und Blockaden bei der Atommüll-Zwischenlagerung. Selbst die Kosten hätten sich längst relativiert, ist aus seinem Ministerium zu hören: Schließlich hätten weitere süddeutsche Medien wie der Bayerische Rundfunk oder die Passauer Neue Presse gratis über die Stichelei aus Hannover berichtet.  WYP