SPRACHRÄUME

Mit der Polyxena erfindet sie einfach eine weitere Figur, die als Racheengel in Aktion tritt und in neuer Weise den Gegenpart zur klassischen Figur der Elektra darstellt. Die Rede ist von der vielfach preisgekrönten Regisseurin, Dramatikerin und Romanautorin Nino Haratischwilli, die mit ihrer Vorliebe für starke und zugleich fragile, bei weitem nicht widerspruchsfreie Frauenfiguren hier die tragische Heldin des Sophokles in die Jetztzeit katapultiert. In ihrer Neufassung für das Junge Schauspielhaus erklimmt diese „Elektra“ die Bühne als junge Frau, die privilegiert die Vorzüge des Westens genießt und dennoch verloren scheint. Wie in der klassischen Geschichte wartet und lamentiert sie über die verhasste Mutter und deren neuen Liebhaber, für den der Vater Agamemnon ermordet wurde. Frü diesen Verrat und auch den dekadenten Lebensstil der Mutterwill sie sich rächen, verbleibt aber passiv bis der Bruder Orest – nach einer kleinen List – die aus den Fuge geratene Ordnung wieder herstellt und den Vatermord sühnt. Aufbegehren gegen die Elterngeneration und das Einfordern von Aufrichtigkeit spielen auch in der aktuellen Version eine Rolle, bekommen aber durch den starken Fokus auf kriegerische Auseinandersetzungen in der Antike wie heute ein anderes Gewicht. Genau an dieser Stelle tritt Polyxena auf den Plan, eine Frau aus den kriegsgeschüttelten Rändern der westeuropäischen Komfortzone, die schon lange nicht mehr wartet und jammert. Mi, 30. 1. und Do, 31. 1., jeweils 19 Uhr, Schauspielhaus, Kirchenallee 39

Abgestumpft, müde und nach dem Sinn des Lebens fragend kehrt dieser Don Juan zurück. Nicht aus dem Bett der letzten Geliebten wie der archetypische Frauenheld, sondern aus dem Krieg, der ihn wieder in die Zivilisation entlässt. In diese Szene setzte Ödön von Horvath im Jahre 1936 seine Figur, die in „Die Heimkehr des Don Juan“ über eine Vielzahl sexueller Abenteuer versucht, die eigene innere Leere zu füllen, Halt zu finden und sich moralisch integer zu geben. Es gelingt nicht. Die Flüchtigkeit der Begegnungen lässt ihn noch einsamer und unruhiger zurück. Mit diesen Gefühlen arbeiten die Absolventen des Schauspielstudios Frese und ziehen in ihrer Abschlussinszenierung auch Verbindungen in die Gegenwart. Do, 31. 1. (Premiere), Fr, 1. 2., Sa, 2. 2., jeweils 20 Uhr, Monsun Theater, Friedensallee 20 KENDRA ECKHORST