heute in Bremen
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"Zu jeder Tageszeit Wasser"

ARMUT An der St.-Johann-Kirche im Schnoor wird eine Trinkwasserstelle für Obdachlose eröffnet

Werner Kalle

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63, ist Vorsitzender der katholischen Vinzenzkonferenz Bremen.

taz: Herr Kalle, woher kam die Idee, eine Trinkwasserstelle für Obdachlose zu eröffnen?

Werner Kalle: In der ganzen Bremer Innenstadt gibt es keine öffentliche Trinkwasserstelle. Obdachlose versuchen, in den Kaufhäusern Wasser zu bekommen, werden dann aber herausgejagt. Der Diakon der Gemeinde Unser Lieben Frauen, Harald Schröder, arbeitet auch als Streetworker und hat die Vinzenzkonferenz darauf aufmerksam gemacht. Wir haben dann der Gemeinde St. Johann vorgeschlagen, eine Trinkwasserstelle einzurichten. Uns war es wichtig, dass Obdachlose zu jeder Tageszeit Wasser bekommen.

Wie muss man sich die Anlage vorstellen?

An der Seite der Kirche St. Johann im Schnoor ist ein Wasserrohr, aus dem man trinken oder sich Flaschen abfüllen kann. Jeder kann da heran und soviel nehmen, wie er will, auch Touristen. Wasser ist ein Grundrecht.

Woher erfahren Obdachlose von der Wasserstelle?

Als Streetworker verteilt Herr Schröder Kaffee an Obdachlose. Er spricht alle an und erzählt ihnen von der Trinkwasserstelle. Das läuft dann weiter über Mund-zu-Mund-Propaganda.

Wie wird der Bau finanziert?

Insgesamt kostet die Anlage 3.000 Euro. Die eine Hälfte kommt von der Stiftung Vinzentinische Caritas. Die andere Hälfte von der Gemeinde St. Johann, bei der die Wasserstelle steht.

Sollte die Versorgung mit frischem Wasser nicht Aufgabe der Stadt Bremen sein?

Ja, da ist eigentlich der Senat gefordert. Er wusste von dem Problem – aber es ist nichts passiert. Und jetzt wird es so heiß, dass sofort eine Lösung her musste. Das war das Anliegen der Vinzenzkonferenz. Die Gemeinde St. Johann und die Caritas haben uns gerne geholfen.

Gibt es bald weitere Wasserzugänge?

Bisher nicht. Aber wir wollen die Politik darauf aufmerksam machen, dass auch öffentliche sanitäre Anlagen benötigt werden. Wenn Obdachlose auf Toilette müssen, dann gehen sie oft in die Büsche. Bekommt die Polizei das mit, kostet das 50 Euro Strafe – Geld, das Obdachlose nicht haben.

INTERVIEW: VINCENT BUSS

11 Uhr, St. Johann-Kirche