WAHRE SCHREIBTISCHE. HEUTE: ANKE RICHTER – ODER MIT UNERSÄTTLICHEM LAKRITZ-JIEPER AUF GEISTERJAGD IM NEUSEELÄNDISCHEN LYTTELTON

Jeder Koch hat seine Mise en place, seine eigene Art, in der Küche den persönlichen Arbeitsplatz einzurichten mit Gewürzen und Kochgeräten und allerlei Dingen, die zum Gelingen eines Gerichts notwendig sind. Auch Autoren und Schriftsteller inszenieren ihre Schreibtische nach sehr eigenen Vorstellungen. Die Wahrheit hat sich an den Arbeitsplätzen ihrer Köche umgesehen.

„Die Verrückten werden bestraft!“ Mit diesem Satz beginnt die wunderbare Splatter-Komödie „The Frighteners“, die Peter Jackson auf dem Friedhof vor Anke Richters Fenster (1) drehte. Ganz Lyttelton spricht heute noch davon, und das ist viel interessanter als der Hafen unten in der Bucht von Christchurch, wo Eisbrecher und Expeditionsschiffe in die Antarktis aufbrechen. Der „Herr der Ringe“ wurde ebenfalls in Neuseeland gedreht, die Akkreditierung für die Premiere (2) schindet bei Kindern mächtig Eindruck. Lampe (3) und Schreibtisch hat die Wahrheit-Weltreporterin aus Deutschland mitgebracht. Erstaunlich: Die Glasplatte (4) hat den 18.185 Kilometer langen Weg heil überstanden – und liegt jetzt wie alles andersrum, weil das Down Under Vorschrift ist.

Dort, wo bis vor kurzem noch ein fast stubenreines neuseeländisches Hausschaf nächtigte, steht jetzt ein Porträt von Dennis Hopper (5) – ein Geschenk des Fotografen, der den Mimen einst bei „Willemsens Woche“ vor die Linse bekam. Als schnelle Waffe gegen Gespenster aller Art ist der Jupiter (6) des Splatter-Fachblatts Cinema besser geeignet als jeder Oscar. Weiterer Verwendungszweck: hochhalten, in die Kamera grinsen und sich bei aller Welt bedanken. Bedauerlicherweise geht jedoch der Lakritz-Vorrat aus Deutschland (7) bedrohlich zur Neige. Um Spenden wird deshalb dringend gebeten. Wer an der Aktion „Lakritze für Neuseeland“ teilnehmen möchte, kann unter www.weltreporter.net/richter nachgucken – oder die Tüten direkt an Die Wahrheit schicken. Ob sie dann allerdings in Lyttelton ankommen, ist äußerst fraglich.

Spachtel und Schraubenzieher (8) indes liegen hier schon seit Wochen herum und gemahnen an die noch längst nicht beendete Badezimmer-Renovierung. Mit der Telefonkarte der chinesischen Firma Chi-Tel (9) kostet ein Gespräch nach Europa nur vier Cent; der Stiftebecher (10) war einst gefüllt mit einem japanischen Bananengetränk, verzehrt auf der Kölner Anuga anno 1989. Und das schmucke Kästchen davor enthielt vormals „Getunkte Grillagestangerl“ von Demel aus Wien, jetzt ruhen darin Briefmarken mit Schokospuren. Kein Designer-Mousepad, sondern ein schlichtes Magazin (11) schützt das Handgelenk vor der kalten Glasplatte. Und wie jeder vernünftige Mensch legt auch Anke Richter alles, was wichtig und dringend aussieht, im Rundordner (12) ab. DIETER GRÖNLING