Kommentar zu Schäubles Griechenland-Papier von Erik Bonse
: So scheitert Europa

Wer Hellas aus dem Euro drängen will, legt die Axt an Europas Einigung

Ein großer, visionärer Europäer: So lässt sich Wolfgang Schäuble gern feiern. Doch das „Non paper“ des Bundesfinanzministers zur Zukunft Griechenlands passt nicht zu diesem sorgsam gepflegten Image.

Wer Hellas unter Kuratel stellen oder aus dem Euro drängen will – und sei es „nur“ für fünf Jahre –, legt die Axt an Europas Einigung. Wenn Schäubles Papier Wirklichkeit wird, dann scheitert die Europäische Union.

Alles halb so wild, werden manche sagen. Es war doch nur ein Denkanstoß, so wie das berühmte Schäuble-Lamers-Papier in den 1990er Jahren. Schon damals plante der CDU-Mann ein 2-Klassen-Europa. Umgesetzt wurde es nicht. Diesmal jedoch startet Schäuble keinen Testballon. Die Lage ist wirklich ernst. Der Finanzminister hat Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Boss Sigmar Gabriel vorher eingeweiht. Sein Vorschlag ist also kein taktisches Manöver der Großen Koalition.

Schäubles Vorschlag stößt mitten in die entscheidenden Verhandlungen um den Verbleib Griechenlands im Euro. Er kommt Ländern wie Finnland entgegen, die von jeher Sicherheiten für neue Hilfen an Hellas fordern.

Die Allianz mit den Finnen ist nicht neu. Seit Jahren setzt Schäuble auf die Hardliner in Helsinki. Dort regieren die rechtspopulistischen „Wahren Finnen“ mit. Eine eklige Allianz, für die Schäuble sich schämen sollte.

Diesen Leuten nun auch noch einen Treuhandfonds anzubieten, der an die Abwicklung der DDR erinnert, ist eine Provokation. Das würde Griechenland endgültig zur Schuldenkolonie machen.Kein Wunder, dass die italienische Presse schon eine neue Berliner Mauer entstehen sieht. Auch in Frankreich ist man entsetzt über so viel historische Unvernunft. Präsident Hollande will keine Spaltung, sondern Athen im Euro halten.

Dass Schäuble Frankreich und Italien vor den Kopf stößt, ist seine größte Sünde. Er kennt die Bedeutung der deutsch-französischen Beziehungen. Wer sie aufs Spiel setzt, ist kein großer Europäer.

Man ist versucht, dem griechischen Exfinanzminister Gianis Varoufakis recht zu geben. Der hatte noch am Freitag in seinem Blog vor Schäuble gewarnt und ihm vorgeworfen, an Griechenland ein Exempel statuieren zu wollen, um Frankreich zu disziplinieren. Ganz falsch lag er nicht.

Griechenland jetzt Chefsache

Eurokrise Finanzminister überlassen Beschlüsse Premiers und Präsidenten

BRÜSSEL dpa | Die Finanzminister der Eurostaaten überlassen die zentralen Beschlüsse zur Lösung der Griechenland-Krise ihren Staats- und Regierungschefs. „Eine Reihe von wichtigen Fragen ist noch offen“, so Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am Sonntag in Brüssel nach zweitägigen Krisenberatungen.

Die zentrale Frage ist, ob Verhandlungen für ein neues Hilfs­paket für Griechenland aufgenommen werden. Dann könnten Milliarden aus dem Eurorettungsschirm ESM fließen. Viele Eurostaaten fordern von Athen mehr Reformen als Gegenleistung. Eine Forderung der Chef-Kassenhüter der Eurogruppe ist, dass die Reformgesetze von der Regierung in Athen bis zum 15. Juli umgesetzt werden.

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