Nur eine Frage – doch die CDU kennt sieben Antworten

Mitgliederbefragung LSVD warnt Hauptstadt-CDU vor einer Isolierung bei der „Ehe für alle“

Die Berliner CDU wird am Freitag ihr mit Spannung erwartetes Abstimmungsergebnis zur „Ehe für alle“ präsentieren. An der Befragung hat sich gut ein Drittel der 12.500 Parteimitglieder der Stadt beteiligt. Es seien über 4.500 Antworten im Notariat des Landesjustiziars eingegangen, so ein Parteisprecher.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) warnte die CDU indes vor einer gesellschaftspolitischen Isolierung beim Thema „Ehe für alle“. LSVD-Geschäftsführer Jörg Steinert verwies in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) darauf, dass es in der Bevölkerung eine große Mehrheit für die Öffnung der Ehe für Homosexuelle gebe.

Immerhin 73 Prozent der Berliner seien dafür, sagte Steinert in dem Interview. Im Vergleich zu anderen Bundesländern gebe es in der Berliner CDU ein großes liberales Spektrum. Aufgrund der zahlreichen Antwortmöglichkeiten bei der Mitgliederbefragung rechne er aber „mit einem interpretierungsbedürftigen Ergebnis“.

„Längst überfällig“

Steinert nannte die Zustimmung zur Öffnung der Ehe „längst überfällig“. Bundeskanzlerin Merkel könnte sich dann auf Bundesebene nicht mehr nur auf ihr Bauchgefühl berufen. In Berlin müsste zudem CDU-Landeschef Frank Henkel „endlich Farbe bekennen“.

Sollte sich die Hauptstadt-Union jedoch gegen die „Ehe für alle“ aussprechen, müsse die Berliner SPD die Konsequenzen ziehen, verlangte Steinert: „Eine Regierung muss handlungsfähig sein. Bei der nächsten Abstimmung über die ‚Ehe für alle‘ im Bundesrat muss der Berliner Senat mit Ja stimmen. Ansonsten sollte man die Koalition lieber vorzeitig beenden.“

Die Berliner CDU-Mitglieder waren aufgerufen, auf die Frage zu antworten, ob „auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen können“ sollen. Vorgegeben waren insgesamt 7 Antwortmöglichkeiten, von „stimme voll und ganz zu“ bis „stimme überhaupt nicht zu“. Ferner konnten sich die Mitglieder enthalten oder angeben, dass sie „das Thema nicht wichtig“ finden.

Die Wahlurnen mit den Antworten sollen am Freitagmorgen in der CDU-Landesgeschäftsstelle im Stadtteil Schöneberg angeliefert werden, teilte die Landespartei mit. Anschließend findet unter notarieller Aufsicht die Auszählung statt. Die Ergebnisse sollen dann am Freitagnachmittag um 16 Uhr in einer Pressekonferenz verkündet werden.

Streit in der Koalition

Seit dem Ja der Iren zu einer völligen Gleichstellung homo- und heterosexueller Partnerschaften ist auch in Deutschland die Debatte darüber wieder entbrannt. Grüne und Linkspartei dringen auf eine Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben, die SPD hat sich auch wiederholt dafür ausgesprochen. Da der Koalitionspartner Union aber bislang gegen eine komplette Gleichstellung ist, ist ein entsprechendes Gesetz auf Bundesebene bisher nicht absehbar.

Auch in der rot-schwarzen Berliner Regierungskoalition hatte das Thema für Streit gesorgt (taz berichtete). Bei einer Abstimmung hatte sich das Land im Bundesrat dem Koalitionsvertrag entsprechend enthalten. Wegen der klaren Zustimmung der Landes-SPD zur „Ehe für alle“ war zwischenzeitlich auch über einen Bruch der Berliner Regierungskoalition spekuliert worden. Ein neuer Senat wird regulär nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2016 gebildet. (epd)