nebensachen aus nikosia
: Dank eines kleinen t bleibt Zypern eine Schafskäsekrise erspart

Wie eine Nürnberger Bratwurst aus der fränkischen Metropole kommen muss, muss auch künftig Schafskäse aus Griechenland stammen, um sich Feta nennen zu dürfen. Dieses vom höchsten EU-Gericht verliehene Markenzeichen hat Griechenland keine neuen Freunde gemacht und alte verprellt. In allen Schafskäse produzierenden EU-Ländern hat das Urteil für Aufregung gesorgt. Denn das Schicksal einer Menge deutschen oder dänischen als „Feta“ etikettierten Käses ist jetzt ungewiss.

Doch am größten war wohl das Entsetzen im Griechenland nahe stehenden EU-Mitgliedsland Zypern. „Tödlicher Schlag für zyprische Produzenten“ prophezeite gar die Cyprus Mail. Auf das sonst so herzliche Verhältnis zu Griechenland, das bis heute manche Südzyprer als „Mutterland“ betrachten, war ein dunkler Schatten gefallen. Dessen Ausläufer reichten bis zum griechischen Nationalfeiertag am 28. Oktober. Diesmal wurde der 60. Jahrestag der Befreiung vom Mussolini-Faschismus zelebriert. Doch die Stimmung auf Zypern, wo der Tag aus Solidarität mitgefeiert wird, war viel gedämpfter als sonst.

Schon am folgenden Montag war Feta überraschend schnell von den vorderen Seiten der Zeitungen verschwunden. Nur am Drama um den senilen orthodoxen Patriarchen kann das nicht gelegen haben. Die Entscheidung über mögliche Neuwahlen wurden auf den 10. November vertagt. Auch die Verkaufspläne für die staatseigene Cyprus Airways waren noch nicht verkündet. Offenbar hatten am Wochenende einige einen genauen Blick in Kühltruhen und Speisekarten geworfen. Diese Mühe hatte sich auch der sprachkundige Dr. Jiankullis gemacht. Dabei hatte er entdeckt, was eigentlich alle Zyprer wissen müssten: Der Käse von zyprischen Schafen wird als Fetta in den Handel gebracht.

In der Politis räumt er ehrlicherweise ein, dass „Fetta“ mit der Bedeutung „Stückchen“ vor Jahrhunderten aus Italien einwanderte und seitdem im zyprischen Dialekt heimisch wurde. Vor dem Hintergrund dieser beruhigenden Erkenntnis kann sich Jiankullis einen Seitenhieb gegen die griechischen Freunde mit ihrem zweifelhaften Urheberrechtsanspruch nicht verkneifen: Entweder hätten die Griechen das Wort mit einem t aus dem Venezianischen übernommen oder wie bei so „vielen Worten aus fremden Sprachen“ einfach das zweite t fallen gelassen, wie bei „toualeta statt Toilette“ oder „opereta statt Operette“. Man kann die unausgesprochene Frage hören, von wo wohl der Feta nach Griechenland eingewandert sein könnte. Ferner steht Feta im Griechischen sowohl für „1. dünnes, flaches Stück von etwas Essbarem“ (so wird ein Feta Orange, ein Feta Melone ein Feta Butterbrot gegessen), genau wie im zyprischen Dialekt. Die 2. Bedeutung ist „weißer Käse aus der Milch von Schafen oder Ziegen in Salzlake“, also auch nicht so eindeutig, wie von den Griechen behauptet.

In Deutschland oder Dänemark müssen sich nun Produktdesigner den Kopf über Markennamen zerbrechen, die möglichst so eingängig sind wie das charmant kurze Feta. Sollten die Griechen nicht schon einen neuen Antrag vorbereiten, in dem sie auch die Patente auf das vielfältig verwendbare Wort oder all seine Verwandten beanspruchen, dürfte die Käsekrise dank des zweiten t im zyprischen Fetta an der Mittelmeerinsel vorbeigesegelt sein.

CHRISTINE APEL