Nicht mehr geknickt

Immer noch da, gottseidank: Heute beginnt in Bochum das Literaturfestival Macondo. Viele Nachwuchs-Autoren sind dabei, aber auch große Namen: Kempowski zum Beispiel

An den Nagel hängen wollten sie das Projekt wohl nie, aber irgendwann kam eben doch der Punkt, an dem sie überlegten, ob sich der ganze Aufwand noch lohnt. Die Rede ist von Frank Schorneck und Petra Vesper, den Veranstaltern des Bochumer Literaturfestival Macondo. Als man beide vor zwei Jahren am Rande einer Lesung traf, machten sie einen geknickten Eindruck.

Einige Abende des Festivals waren nur spärlich besucht gewesen, es fehlte an Geld, Sponsoren zierten sich. Was den beiden letztlich blieb, war die persönliche Begegnung mit Schriftstellern, die sie schätzen – das Abendessen mit dem amerikanischen Dichter Raymond Federman etwa, von dem Frank Schorneck noch heute begeistert erzählt. Nun ist 2005 – und das Macondo-Festival gibt es gottlob immer noch. Obschon es in Zeiten stattfindet, in der „die finanzielle Unterstützung von Seiten der Stadt Bochum leider eher moralisch denn finanziell“ ausgefallen sei, wie Schorneck und Vesper anmerken.

Da trifft es sich gut, dass die Literarische Gesellschaft Bochum alle Jahre wieder ihre Kontakte spielen lässt und dem Macondo-Festival ein paar Namen beisteuert. Dieses Mal sind es Bachmann-Preisträgerin Inka Parei, die aus ihrem neuen Roman lesen wird, und der stoffelige Deutschland-Chronist Walter-Kempowski, der sein „Echolot“ mitbringt, die überwältigende, insgesamt zehn Bände zählende Collage aus Briefen und Tagebüchern, aus der sich ein minutiöses Bild von Deutschland zur Nazi-Zeit zusammensetzt.

Aber Kempowski hin, Parei her: Macondo ist insgesamt sehenswert, was auch daran liegt, dass Vesper/Schorneck sozusagen einige Hausdichter verpflichtet haben. Ron Winkler etwa dürfte der merksamen Leserschaft der ebenfalls Macondo genannten Literaturzeitschrift bereits bekannt sein. Dort nämlich ist Winkler schon öfter mit Lyrik aufgefallen. Unlängst hat er auch noch den Leonce-und-Lena-Preis eingeheimst, was dem Macondo-Festival nun gleich einen ganzen Lyrik-Abend beschert. Im „Club der jungen Dichter“ sitzen neben Ron Winkler noch Herbert Hindringer und Björn Kuhligk.

Sowieso: der Nachwuchs. Der kommt bei Macondo nimmer zu kurz, beim „Debütantenball“ beispielsweise stellen jedes Jahr Nachwuchs-Autoren ihre Erstlinge vor. Die Auswahl der Autoren treffen Vesper/Schorneck nach Gusto und beweisen dabei stets gutes literarisches Gespür. Vielleicht zählt der „Debütantenball“ deshalb zu den beliebtesten Veranstaltungen bei Macondo, vielleicht aber auch, weil anschließend noch laute Musik aus Boxen quillt. Intermedial ist allerdings nicht nur dieser Abend: Erfreulicherweise werden einige literarische Themen nach den Lesungen musikalisch aufgegriffen. Heute Abend aber kommt erst mal Rufus Beck und liest Lemony Snicket und Jules Verne. Ein guter Auftakt. Nein. Ein gutes Festival! BORIS R. ROSENKRANZ

Macondo-Literaturfestival7. bis 27. NovemberInfos: www.macondo-festival.de