Stopp-Tage gegen den Abriss

„Kommt, macht Krach“: Ein Bündnis plant Aktionen zur Palast-Rettung in letzter Minute

VON KATHRIN SCHRADER

Die Uhr tickt. „Noch 059 Tage bis zum Abriss“ zeigt der Palastzähler auf der Website der Palastretter an. Schon eifern Abrissfirmen um den Auftrag. 059 Tage vor dem Abriss fand sich das vor drei Wochen gegründete Palastbündnis am Mittwochabend in den Sophiensälen zusammen. Künstler, Schüler, Abgesandte politischer Gruppierungen und Parteien, Denkmalpfleger und Architekten sind dabei, sie wollen die Stadt in letzter Minute gegen den Abriss mobilisieren.

Die Organisation der drei „Stopp-Tage“ steht an, Demonstrationen gegen den Abriss – jeweils am 19. November und am 10. und 31. Dezember. Noch einmal soll mit Nachdruck auf den finanziellen Wahnsinn des Ganzen aufmerksam gemacht werden. 60 Millionen Euro soll der Abriss kosten, eine Summe, die Architekten angesichts der komplizierten baulichen Situation des Gebäudes direkt neben der Spree als viel zu niedrig ansehen.

Abgesehen von der finanziellen Lage sind die Motivationen, den Palast der Republik zu retten, unterschiedlich. Er ist eben auch das Haus der Projektionen und Wünsche, ein Symbol für den Zustand der Stadt, die ausgekernten Wände, zwischen denen so vieles möglich ist.

„Er ist ein Kulturdenkmal, das man erhalten muss“, sagt Andrzej Berlin, Denkmalpfleger im Ruhestand. Für die Demo am 19. November hat er einen Plakatentwurf mitgebracht. „Kommt, macht Krach“, steht darauf. „Der Palast bietet viel mehr Nutzungsfläche als die Schlosskopie“, sagt Amelie Deuflhard, die künstlerische Leiterin der Sophiensäle und Palast-Aktivistin der ersten Stunde. „Wir haben es mit unseren Zwischennutzungs-Projekten geschafft, die unsägliche Behauptung, es ginge hier um Altostler gegen Westler, aus der Diskussion zu verbannen.“

Sascha Wagener aus Luxemburg, Student der Kunstgeschichte und Politik, geht es darum, was für eine Hauptstadt Deutschland in ein paar Jahren haben wird. Gelingt es, eine alternative Kultur im Stadtzentrum zu erhalten? Oder wird sie aus der Mitte der Stadt an den Rand verdrängt?

Doch die Diskussion in den Sophiensälen dreht sich angesichts der verbleibenden Zeit zu lange um das Logo des Bündnisses und darum, welche Künstler bei der Party am 24. November auftreten. „Die Leute sind sehr engagiert“, sagt Sascha Wagener. „Nur glaube ich nicht, dass diese Aktionen ausreichen werden, den Palast zu retten.“ Lobbyarbeit wäre jetzt notwendig, Abgeordnete müssten solidarisiert werden, doch befindet sich der Bundestag gerade im Vakuum zwischen den Regierungen.

Matthis Nägele, einer der Palastretter, bemängelt, dass der Senat sich hinter dem Bundestag versteckt. „Flierl ist ja gegen den Abriss. Der hat uns seine Sympathie bekundet. Aber Initiative zeigt er nicht gerade. Er sagte nur: Wegen der 7 Millionen, die Berlin für den Abriss zahlt – da kann man nichts machen.“

Spät in der Nacht beschließt das Bündnis, noch einmal an den Haushaltsausschuss des Bundes heranzutreten, denn eigentlich, so Matthis Nägele, „ist der Beschluss, das Schloss wieder aufzubauen, nichtig, jetzt, da bewiesen ist, dass die Rechnung nicht stimmt“. Geplant sind außerdem unkonventionelle Schritte gegen die Unterzeichnung des Abrissvertrages. Um die Arbeit zu koordinieren, hat das Bündnis ein Büro in der Karl-Liebknecht-Straße gemietet. Mit Blick auf den Palast.