„Fördern, nicht erschrecken“

ARREST Jugendliche, die nachhaltig Schule schwänzen, landen in Niedersachsen zu Hunderten hinter Gittern. Keine gute Lösung, findet Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz

Weil sie hartnäckig die Schule schwänzen, kommen jedes Jahr Hunderte von jungen Niedersächsinnen und Niedersachsen in den Jugendarrest. „Die These, Jugendliche ließen sich zum Schulbesuch bewegen, wenn man sie auf diese Weise erschreckt, ist allerdings nicht belegt“, sagt Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne): Bei einem Besuch der Jugendarrestanstalt Göttingen machte sie sich gestern dafür stark, hartnäckige Schulverweigerer nicht mehr einzusperren.

Arrest kann in schweren Fällen von Schulverweigerung verhängt werden: Fruchten alle pädagogischen Maßnahmen nicht, wird das Ordnungsamt informiert. Dieses erlässt einen Bußgeldbescheid, wird der nicht gezahlt, kann ein Jugendrichter Schwänzer zu Arbeitsstunden verpflichten. Verweigert der Jugendliche dies auch, folgt maximal eine Woche Arrest.

Landesweit wurden 2014 knapp 3.800 Jugendarreste vollstreckt, unter anderem wegen Körperverletzung, Diebstahl, Schwarzfahren oder Drogendelikten. Etwa ein Drittel der Fälle betreffe Schulverweigerer, sagten Mitarbeiter der Göttinger Arrestanstalt.

Das Land könne diese bundesgesetzlich geregelte Maßnahme nicht grundsätzlich verhindern, sagte die Ministerin. Schulen müssten aber zusammen mit Jugendämtern und Jugendrichtern andere Möglichkeiten finden. Der Unterricht müsse so gestaltet werden, dass Jugendliche nicht mehr schwänzen wollten.

Die Landesregierung werde im September eine Novelle des Jugendarrest-Vollzugsgesetzes vorlegen, wonach Betroffene zumindest nicht mehr einfach weggesperrt werden dürfen, sagte Niewisch-Lennartz. Es gebe in Niedersachsen immer noch Amtsgerichtsbezirke, in denen Jugendliche ohne spezielle Betreuung über das Wochenende einfach eingesperrt werden. Ziel eines Arrests müsse es aber sein, zu fördern und zu unterstützen. (dpa)