Von der Schlacht um öffentlichen Raum

AUSSTELLUNG „Stay with me“ ist Teil des Kunstprojekts „Im Inneren der Stadt“ und thematisiert beinahe schon kitschig die Proteste um den Gezi-Park in Istanbul vor zwei Jahren

„Stay with me“ ist eine Ausstellung in der Ausstellung – als Teil des Projekts „Im Inneren der Stadt“. Das ist zurzeit an vielen Orten in Bremen zu sehen: Mehrere Bremer Kunstinstitute zeigen in ihren Räumen, aber auch überall verstreut in der Stadt, an öffentlichen Plätzen und in Ladenlokalen Kunst, die sich mit dem öffentlichen Raum auseinandersetzt.

Nun ist Bremen nicht unbedingt ein Ort, an dem Kämpfe um öffentlichen Raum toben würden, auch wenn das „Zucker“ schon seit Langem nach einer neuen Bleibe sucht und der Bahnhofsvorplatz zugebaut wird mit Bürohochhäusern – angemeldeter Bürgerprotest ist nicht zwangsläufig Kampf.

Naheliegend also, dass die Veranstalter des Kunstevents ein Projekt nach Bremen geholt haben, dass sich mit einem handfesten Konflikt um ein Stück Stadt auseinandersetzt, nämlich der Schlacht um den Gezi-Park in Istanbul vor nunmehr zwei Jahren.

Die konservative AKP-Regierung wollte damals auf die kleine Grünfläche ein großes Kaufhaus setzen – und das ausgerechnet in Gestalt der von Atatürk abgerissenen Sultanskaserne. Manche Konflikte um städtischen Raum sind eben auch symbolischer Art. Denn der geplante Kasernenbau steht nicht zuletzt für die Islamisierung der türkischen Republik.

Die Bilder der Proteste gegen dieses Bauvorhaben gingen damals um die Welt. Auch die Repressionen gegen die Aktivisten waren gewaltig. Und auch heute, zwei Jahre später, ist das Ereignis der entschlossenen wie blutigen zehn Tage im Juni sehr präsent.

Unter dem Titel „Stay with me“ haben mehrere KünstlerInnen, JournalistInnen und politische AktivistInnen, die an den Protesten teilgenommen haben, Dinge zusammengetragen, die sie mit diesen Tagen verbinden. Auf mehreren Tischen sind diese Gegenstände wie poetisch behaftete Reliquien ausgestellt.

Und so entsteht ein sehr persönliches und intimes Bild eines großen politischen Ereignisses. Darunter befinden sich Briefe und Tagebücher, in denen die Ereignisse beschrieben werden. Ein Cartoon zeigt, wie sich Menschen mit Protestschildern den Baufahrzeugen in den Weg stellen. Fotografien zeigen das Leben in der Zeltstadt im zeitweise besetzten Park, man sieht junge Leute zwischen den Bäumen sitzen.

Unter den ausgestellten Dingen befinden sich auch einige sehr schöne Künstlerbücher, gefaltet aus den Titelseiten der Zeitungen dieser Tage oder mit den Blättern der Bäume des Parks versehen. Wären die Ereignisse nicht so tragisch gewesen, wäre das Kitsch.

Doch hinter so banalen Dingen wie diesen Blättern steht eine weit größere Erzählung. Und die gilt es, in dieser Ausstellung zu entdecken. Radek Krolczyk

Die Ausstellung „Stay with me“ ist noch bis zum 11. Oktober im Lloydhof zu sehen