Der Lobbyist der Woche
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Ausgerechnet
Rettig!

Foto: dpa

Im Fußball gibt es derlei Geschichten zuhauf: Gegen den Exverein wird erstaunlich oft getroffen. Dass aber gerade Andreas Rettig (Foto), der seinen Geschäftsführerposten bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) gegen einen Job beim Zweitligisten St. Pauli eingetauscht hatte, die Revolte gegen die DFL exekutieren würde, ist schon eine besondere Pointe. Er kam der Bitte des Ligaverbands nicht nach, die Flüchtlingskampagne der Bild-Zeitung „Wir helfen“ an diesem Wochenende zu unterstützen. Dem Aufstand der Hamburger schlossen sich vier weitere Vereine an.

Rettigs Erklärung entsprach seinem Naturell. Sie war sachlich und freundlich. „Wir leisten ganz praktische und direkte Hilfe dort, wo sie gebraucht wird“, sagte er. Nur im Umkehrschluss konnte man erkennen, dass er die Hilfskampagne des Springer-Verlags als nicht so praktisch und direkt einstufte.

Gern spricht man zu solchen Anlässen von einem Bruch in der Biografie, aber Rettig war schon immer in einem schwer verortbaren Grenzbereich zu Hause. Ausgebildet worden ist er beim Konzernverein Bayer Leverkusen, wo der Fußball von Haus aus als reine Geschäftssache betrachtet wird. Später half er dem SC Freiburg und dem FC Augsburg, das verknöcherte Establishment der Liga mit Alternativstrategien schlecht aussehen zu lassen, um dann wieder im Zentralkomitee der deutschen Fußballverwaltung anzuheuern.

Mit Rucksack und Jeans bekleidet, ließ sich Rettig gern auch mit der Ultraszene ein. Der Austausch mit der Basis, von der sich die DFL längst gelöst hat, war ihm wichtig. Bei allem Geschäftssinn bewahrte sich der Mann seine emotionale Seite. Dabei ist Rettig gewiss kein Revoluzzer. Er träumt von Geschäftstüchtigkeit mit menschlichem Antlitz. Johannes Kopp