Hämmern und bohren

SEXSZENEN Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses Hamburg, fragt: „Wer hat den schlechtesten Sex?“

Der französische Psychoanalytiker Jaques Lacan hat einmal gesagt, dass unsere „geschlechtlichen Positionen“, während wir Sex haben, geradezu „komödienhaft“ seien. Das war natürlich sehr viel komplizierter gemeint, als es sich hier liest. Trotzdem: Man kann wirklich heilfroh sein, dass man sich beim Sex nicht auch noch selbst angucken muss. Ist ja auch so schon alles kompliziert genug.

Und wie herrlich kompliziert es erst wird, wenn es darum geht, über Sex zu schreiben! Die humorvollen Briten wissen das schon lange. Weshalb die Zeitschrift Literary Review alljährlich einen Preis verleiht, auf den Autoren so scharf sind wie Schauspieler auf die „Goldene Himbeere“: den „Bad Sex in Fiction Award“ – eine Auszeichnung für schlecht be-schriebenen Sex.

Wie es sich liest, wenn literarische Sexszenen in die Hose gehen, kann man seit diesem Frühjahr hierzulande mit dem Buch „Wer hat den schlechtesten Sex?“ (DVA, 240 S., 17,99 Euro) von Rainer Moritz herausfinden. Der Leiter des Hamburger Literaturhauses lacht, wie er sagt, oft und gern über Sexszenen, und dieser heitere Zugang zur heiklen Sache bekommt seinem Buch ganz ausgezeichnet.

Moritz weiß: über Sex schweigen, war gestern. „Gevögelt“, „gehämmert“ und „gebohrt“ wurde bei von Kleist oder Fontane also definitiv nicht. Oder geglitten wie bei Botho Strauß, auf einen, nun ja, „federnden Schaft“. Die „schnappende Möse“ ist aber von einem anderen Autor. Allerdings nicht von James Salter, dem wir dafür diese bemerkenswerte Metapher verdanken: „Er kam wie ein trinkendes Pferd.“

Auffällig findet Moritz, wie sehr sich die Autoren ins Zeug legen, um dem Sex alles Profane, Alltägliche auszutreiben und stattdessen dann einen „Nebel von Bedeutsamkeit“ über ihn legen. Was dabei heraus kommt, wenn es mal wieder nicht klappt? Groteskes, Lächerliches – und sehr viel un-sexy Kitsch. Michael Saager

Göttingen: Mo, 7.9., 20 Uhr, Parthenonsaal

Hamburg: Fr, 18.9., 19.30 Uhr, Torhaus, Wellingsbüttler Weg 75; 13.11., 19.30 Uhr, Büchereck Niendorf, Nordalbingerweg 15