KOMMENTAR VON MATTHIAS URBACH
: Alle Blicke auf Obama

Ohne die USA ist in Kopenhagen kein Durchbruch möglich

Auf dem Klimagipfel in Kopenhagen wächst die Hoffnung auf ein gutes Abkommen. Grund ist die Entscheidung der US-Umweltbehörde EPA, Treibhausgase als „gesundheitsgefährdend“ einzustufen. Das ermächtigt Präsident Barack Obama theoretisch dazu, quasi im Alleingang Klimaschutz verordnen zu können, ohne den skeptischen US-Senat fragen zu müssen.

Dass Barack Obama jetzt im Alleingang die USA auf Klimaschutz trimmt, glaubt aber niemand. Solche Verordnungen sollten eine Gesetzgebung allein „ergänzen“, erklärt die EPA. Doch den Amerikanern ist damit gelungen, was sie auf Klimaverhandlungen noch stets am besten verstanden: zunächst die Erwartungen senken, um dann mit großem Tamtam auf der Gipfelbühne zu erscheinen.

Lange ließ Obama die Welt rätseln, ob er überhaupt in Kopenhagen erscheint. Erst wollte er dann zum eher unbedeutenden Auftakt anreisen, schließlich wurde sein Auftritt auf die entscheidenden letzten Tage des Klimagipfels verlegt. Und nun folgt als dritte Inszenierung die pünktliche EPA-Entscheidung, auf die man in den USA eigentlich schon seit dem Frühjahr wartet. Ein Schelm, wer Böses bei diesem Timing denkt.

Deshalb, nur zur Erinnerung, hier ein paar Fakten: Erstens, die USA haben bis heute das Kioto-Protokoll nicht ratifiziert. Zweitens, sie haben auch ihr Klimaversprechen vom Rio-Gipfel 1990 nicht gehalten. Drittens sind sie das Land, das bisher mit Abstand am meisten Treibhausgase in die Luft geblasen hat.

Barack Obama selbst wandert auf einem schmalen Grat. Bietet er in Kopenhagen zu wenig an, werden sich Länder wie China, Indien oder Südkorea weigern, selbst etwas beizutragen. Bietet er zu viel, scheitert er zu Hause am US-Senat – und an seiner eigenen Partei. Nicht einmal alle demokratischen Senatoren folgen Obama bisher beim Klimaschutz. Das macht ihm schon Probleme bei einem US-Klimaschutzgesetz, wo er letztlich 60 Senatoren hinter sich haben muss, was seiner Mehrheit im Senat entspricht.

Noch schwerer wird es im US-Senat, ein Kopenhagener Klimaprotokoll ratifiziert zu bekommen: Dafür braucht er sogar 67 Stimmen. Unklar ist, wie Obama diese Gratwanderung meistern wird. Sicher aber ist: Ohne einen substanziellen Beitrag der USA werden die Bremser und Zauderer auf diesem Gipfel die Oberhand gewinnen.