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Demokratie oder Widerstand

Freihandel Tausende werden zur Demo gegen die geplanten Handelsabkommen TTIP und Ceta am 10. Oktober in Berlin erwartet. Wenige Wochen später dann in Brüssel

Alle gegen TTIP: Tausende werden im Oktober in auf der Berliner Großdemo erwartet Foto: dpa

von Theo Schneider

Worum geht es bei TTIP?

Die „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP) ist ein geplantes Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Es soll laut Bundesregierung „neuen Schwung für Wirtschaft und Arbeitsmarkt“ bringen. Konkret geht es um gemeinsamen „Investorenschutz“ und den Abbau von „Handelshemmnissen“. Dazu zählen Einfuhrkosten sowie unterschiedliche technische oder industrielle Sicherheitsstandards und Umweltvorschriften. Mit Ceta wurde dies zwischen EU und Kanada bereits ausgehandelt, noch unratifiziert.

Was ist die Kritik an TTIP?

Allerdings gibt es ein grundlegendes Problem: Verhandelt wird der Vertrag in Geheimsitzungen zwischen EU-Kommission und US-Regierung., die wichtigsten Verhandlungsdokumente sind geheim. Nicht einmal Parlamentarier können sie einsehen. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass nur ein Bundestagsmitglied, Jürgen Hardt (CDU), Zugang zu den Verhandlungstexten bekommen hat. Dennoch sind zahlreiche Dokumente mittlerweile als ­Leaks im Internet aufgetaucht (eu-secretdeals.info) und haben heftige Proteste ausgelöst. Beispiel: In dem Abkommen wird Gentechnikregulierung als abzubauendes Hemmnis betrachtet, wodurch ein Zugang zum europäischen Markt für ungekennzeichnete gentechnisch veränderte Produkte aus den USA ermöglicht werden soll. Auch sind Schiedsgerichte für Investoren (ISDS) vorgesehen, die es Konzernen ermöglichen sollen, Staaten wegen unliebsamer politischer Entscheidungen vor Geheimgerichten verklagen zu können. Diese privaten Schiedsgerichte tagen nicht öffentlich und haben keine Revisionsinstanz.

Wie ist der Stand der Verhandlungen?

Die Empörung in der Öffentlichkeit über die Pläne zeigen erste Erfolge. Die französische Regierung droht, die Verhandlungen platzen zu lassen, sollten die USA auf einzelnen Punkten beharren. „Zwar ist Investitionsschutz für Unternehmen wichtig, allerdings dürfen diese Verfahren nicht vor privaten Schiedsgerichten entschieden werden“, so der französische Staatsminister für Außenhandel, Matthias Fekl. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagt: „Private Schiedsgerichte wird es nicht mehr geben.“ Auf EU-Ebene wurde daher mit Reformvorschlägen versucht, die Schiedsgerichte durch einen unabhängigen Gerichtshof zum Investorenschutz zu ersetzen. Der Grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold bezeichnet den Reformvorschlag als „Augenwischerei“: „Bleiben die Privatgerichte im EU-Kanada-Abkommen Ceta enthalten, können US-Konzerne einfach über ihre kanadischen Tochterfirmen an Schiedsgerichten klagen.“

Ob sich die USA überhaupt darauf einlassen werden, wird sich zeigen. Derzeit sind die Verhandlungen festgefahren, bei zentralen Punkten die Fronten verhärtet.

Bislang gab es zehn TTIP-Verhandlungsrunden hinter verschlossenen Türen, am 19. Oktober ist das nächste Geheimtreffen zwischen EU und den USA dazu geplant. Dagegen sind unter dem Label „OX15“ Protestmärsche aus mehreren europäischen Ländern nach Brüssel geplant, zudem soll es dort ein „No-TTIP Camp“ mit Aktionstagen vom 13.–18. Oktober geben.

Was sind die Forderungen der GegnerInnen?

Die TTIP-GegnerInnen fordern den Stopp der Verhandlungen sowie die Nichtratifizierung von Ceta. „Beide Abkommen drohen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu untergraben und auszuhebeln“, heißt es im Aufruf zur Großdemonstration am 10. Oktober.

„Wir brauchen soziale und ökologische Leitplanken für die Globalisierung. Doch TTIP und Ceta gehen in die falsche Richtung“, so das Bündnis aus über 30 Organisationen, darunter Gewerkschaften und Initiativen aus den Bereichen Umwelt- und Sozialpolitik sowie Bürger- und Verbraucherrechte. Die geplanten Abkommen „ziehen die falschen Lehren aus der Finanzkrise, stärken internationale Konzerne und schwächen kleine und mittelständische Unternehmen“. Länder des ­globalen Südens würden dadurch ausgegrenzt, „statt zur Lösung globaler Probleme wie Hunger, Klimawandel und Verteilungsungerechtigkeit beizutragen“.

Bundesweit wird für die Demo mobilisiert, es sind Sonderzüge aus Aachen, Mönchengladbach, Frankfurt, Stuttgart und München geplant, über eine Mitfahrbörse gibt es zudem zahlreiche Fahrgemeinschaften und Busse aus dem gesamten Bundesgebiet. Einen Aufruf zu einem antikapitalistischen Block linksradikaler und autonomer Gruppierungen gibt es bislang überraschenderweise nicht.

Die Demo am 10. Oktober führt am Bundestag vorbei zur Straße des 17. Juni. Auftakt:12 Uhr, Hauptbahnhof/Washingtonplatz

Demoroute, Mitfahrbörse, Aufruf: www.ttip-demo.de