Portrait
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Nicht unfroh über besseres Wetter: Michael Schulze  Foto: Oliver Doll

Der Wanderprediger

Michael Schulze ist mehr der Gospel-Typ. Traditionell-liturgische Gottesdienste liegen ihm jedenfalls nicht besonders. Und so macht sich der evangelische Pastor auf und verlässt seine Gemeinde in Henstedt-Ulzburg, um in die weite Welt hinauszuziehen. Schulze startet seine Weltreise in den USA, reist nach Singapur und Neuseeland. Er will lernen und predigen.

Der 50-Jährige hat bereits als Abiturient entschieden, Pastor zu werden: Die Eingebung traf ihn kurz vor der mündlichen Prüfung. Inzwischen ist er seit 19 Jahren Pastor in der modernen Kirchengemeinde auf dem Rhen und hier hat er einiges verändert: Zum Beispiel gibt es jeden Sonntag zwei Gottesdienste – einen traditionellen und einen lockeren, den Schulze auch mal im Pullover hält.

Seine Entscheidung, auf Reisen zu gehen, fiel in der diesjährigen Osterwoche. Jetzt ist Schulze aufgebrochen und zieht als Wanderprediger – ohne festen Wohnsitz und festes Gehalt – durch Nordamerika. Wie es sich für einen modernen Pastor gehört, bewegt er sich mit dem Auto und nicht zu Fuß durch das Land. Sein Ziel ist es, andere Gemeinden zu besuchen, und selbst zu predigen. Davon verspricht sich Schulze neue Inspiration. „In Westeuropa kann man vor allem lernen, wie man Kirchenbesucher einschläfert“, sagt er. Außerdem verlagere sich der Schwerpunkt des Christentums weg von Europa: Deshalb besucht er auch Singapur, wo er allerdings bislang fast noch niemanden kennt. „In manchen Kirchen dort müssen Eintrittskarten ausgegeben werden“, sagt Schulze. Das würde der norddeutsche Geistliche auch gerne einmal erleben.

Denn über dem Norden liegt seinem Empfinden nach „eine Glocke der Gottlosigkeit“. Näher kann Schulze diesen Befund nicht erklären, nur dass Gäste aus anderen Ländern ihm eine „leichte Traurigkeit“ bestätigt hätten. Der Pastor räumt ein, dass er auch nicht unfroh ist, mal ein Jahr „ohne den norddeutschen Schmuddelwinter“ umhinzukommen. Auch deshalb war er schon öfter in den USA, hat dort bereits einige Kontakte, vor allem in den warmen Südstaaten.

Am Sonntag hält der Pastor in Montgomery im US-Bundesstaat Alabama seine erste Predigt. AWE