Berliner Szenen
: Hoppegarten

Jockey & Wallach

Das Pferd atmet schnell, es möchte ausbrechen

Es spannt seine Muskeln an und möchte losrennen. Sein drahtiger Reiter hält die Zügel fest in der Hand. Er versucht die Kontrolle über sein Pferd zu behalten. Sein Blick ist konzentriert. Das Pferd reißt seinen Kopf herum, tritt aggressiv auf der Stelle. Der Jockey nimmt die Zügel noch kürzer, hält sie fest, zwingt sein Reittier in einen langsamen Schritt. Er führt es an den Besuchern der Rennbahn Hoppegarten vorbei, die hinter der Absperrung stehen.

Die Damen und Herren mustern ihn und seinen vierjährigen Wallach, schauen im Programmheft den Namen des Rennpferdes nach, informieren sich über dessen Erfolge sowie Chancen. Sie begutachten die schlanke Figur des Jockeys und die starken Beine des Englischen Vollblüters, sie diskutieren, ob sie auf das unruhige Tier setzen sollen.

Der Jockey reitet auf die Startmaschine zu. Sein Pferd wehrt sich, will sich weigern, schnaubt, versucht sich aufzubäumen, tänzelt hin und her. Sein Reiter spricht leise, aber bestimmt zu seinem Tier. Schließlich gehorcht es und betritt seine Box. Es atmet schnell, seine Augen stieren wie wahnsinnig geradeaus, es möchte ausbrechen.

Die Tür öffnet sich und es galoppiert los. Der schmächtige Jockey geht in die Hocke, streckt seinen Po nach hinten, beugt sich nach vorne. Der Wallach stürmt voran, immer weiter, lässt all seine Energie heraus, der Reiter peitscht ihn. Sie legen sich in die Kurve. Wollen nach vorne. Immer weiter bis an die Spitze. Dicht an den anderen vorbei. Fast berühren sie sich. Sie führen.

Ein anderes Pferd zischt an ihnen vorbei. Und noch eins. Und noch eins. Der Jockey schlägt mit seiner Peitsche, versucht sein Pferd wieder nach vorne zu treiben. Schneller, immer schneller. Doch dessen Beine ermüden. Der Jockey und sein Pferd fallen zurück. Sie kommen als Sechster ins Ziel. Julika Bickel