Häftling bleibt unbekannt

Raub Weil ein Mann sich „King Kong“
nennt und sonst schweigt, erlebt sein Ladendiebstahl eine erstaunliche Medienkarriere – und seine U-Haft verlängert sich

Obwohl sie ihn seit mehr als zwei Wochen gefangen hält, hat die Polizei bislang keinerlei Hinweise auf die Identität eines Mannes, den sie auf etwa 40 Jahre schätzt. Mittlerweile hat sie, mit richterlicher Erlaubnis, ein Fahndungsfoto von ihm veröffentlicht: Der Mann schweige beharrlich, und gebe als Namen das offensichtliche Pseudonym „King Kong“ an, hieß es.

Direkte Folge: Solange unklar ist, um wen es sich bei ihm handelt, bleibt er in Untersuchungshaft. Dem Mann wird räuberischer Diebstahl vorgeworfen, und das ist eine „vergleichsweise schwere Tat“, erläutert Ingeborg Zerbes, die Leiterin des Uni-Instituts für Kriminalpolitik. „Vor dem Hintergrund müssen sie ihn in Haft behalten“, erklärte die Strafrechtsprofessorin. „Wenn die Identität unklar ist, wäre es ja ein Leichtes, unterzutauchen.“ Der Tat­ablauf klinge für sie allerdings eher nach einer „traurigen Geschichte“, so Zerbes.

In der Tat: Der Mann war am 12. Oktober gefasst worden. Zuvor hatte er in einem Supermarkt ohne jeden Versuch, sein Tun verborgen zu halten, Lebensmittel und Süßigkeiten in eine Sporttasche geschaufelt. Dann war er ohne zu zahlen gegangen. Als ihn am Ausgang ein Mitarbeiter des Supermarkts ansprach, sei er geflüchtet, schildert die Polizei.

Nachdem Angestellte die Verfolgung aufgenommen und ihn gestellt hatten, habe er auf einmal „ein Teppichmesser in der Hand“ gehalten. Obwohl er ziemlich schnell durch einen Fußtritt entwaffnet wurde, hat die Drohung mit dem Messer strafrechtlich große Bedeutung: Sie macht aus dem simplen Diebstahl ein Verbrechen, das laut Strafgesetzbuch wie Raub zu behandeln ist.

„Der Mann ist vom sozialpsychiatrischen Dienst begutachtet worden“, teilt Polizeisprecher Dirk Siemering auf Nachfrage mit. „Die haben entschieden, dass er nicht in die Psychiatrie muss.“ Deshalb sei es zum Haftbefehl gekommen. Der Unbekannte habe ordnungsgemäß einen Anwalt gestellt bekommen. Hinweise darauf, dass er nicht verstehe, was ihm gesagt wird, gebe es keine. Gleichwohl werde das Verhalten als ungewöhnlich empfunden: „Ich bin ja jetzt auch schon eine Weile dabei“, so Siemering, „aber an einen Fall, wo jemand auf diese Weise seinen Namen verschweigt, kann ich mich nicht erinnern.“

Zugleich hat die Selbstbezeichnung des Mannes mit dem Namen der Hollywood-Figur zu ungewöhnlichem Aufsehen verholfen: Nachrichtenagenturen griffen den Ladendiebstahl auf, Qualitätsmedien von Fokus über Spiegel online bis Frankfurter Allgemeine und Süddeutsche Zeitung reproduzierten die polizeiliche Pressemitteilung. bes