WIE SIND WIR DENN DRAUF?: Der wahre Boss

In der Brotbox liegt tatsächlich noch genug für drei Leute. Als dann noch Orangensaft und Käse hinzukommen, befindet die WG einstimmig: Frühstück like a boss! Vor dem Kino Babylon am Kottbusser Tor sitzt ein Bettler. In seinen Händen hält er ein Schild, auf dem steht: „Ich wette, du traust dich nicht, mich mit einem Euro zu bewerfen“. Ein Kommilitone meint anerkennend: „Klarer Fall von Betteln like a boss!“

Dieser Anglizismus scheint allgegenwärtig. Jede Handlung wird mit der eines Geschäftsführers verglichen. Doch der wahre Boss hinter diesem Sprachfetisch ist das Internet.

Alles begann mit einem gut verarschten Rapvideo. Im Original erzählt der US-Rapper „Slim Thug“ aus seinem Alltag. Zu diesem zählt vornehmlich, Frauen zu vernaschen, fette Karren zu fahren und krass Kohle zu verdienen, natürlich alles simultan. Dann übertrug die Band „The Lonely Island“ diese Geisteshaltung auf Aktivitäten wie Unfälle bauen (like a boss), sich an einen Geburtstag erinnern (like a boss) oder Geschlechtsverkehr mit einem Riesenfisch haben (like a boss). Absurd? Nein, damit waren die Tore der Absurdität gerade erst geöffnet.

Tausende Bilder mit der Überschrift „Like a boss“ schießen nun täglich durchs Netz, unzählige Facebookgruppen benennen sich so. Wer bei Twitter nach #likeaboss sucht, erhält alle zwei Minuten 20 neue Nachrichten. Menschen aus Russland feiern sich als Bosse, weil sie 20 Rubel Rabatt auf einen Pelzmantel bekommen haben. Ein Mann aus Korea sieht sich als Boss, weil er es endlich geschafft hat, den Müll rauszubringen. Die Inhalte der arabischen Tweets würden besondere Sprachkenntnisse erfordern – aber zumindest für die letzten drei Wörter reicht Englisch.

Wie viel Zeit Klaus Wowereit täglich im Internet verbringt, ist nicht bekannt. Doch seinem Verhalten nach zu urteilen ist er ein großer Fan des Likeaboss-Hypes. Auch angesichts massiven Drucks grinst er wie immer, gibt null Fehler zu, schiebt Platze vor und bleibt auf seinem Chefsessel im Rathaus sitzen. Dann dreht er sich um und flüstert zufrieden: „An die Macht geklammert – like a boss!“

DMITRIJ

KAPITELMAN