Kaffee und Kuchen für alle

A 100 Die Autobahngegner an der Neuköllnischen Allee träumen schon mal von einem größeren Protest. Und halten fürs Erste an der Pappelbesetzung fest

Dika seilt sich nach ihrer Schicht vom Baum ab. Als die junge Frau hochschaut, ärgert Sie sich: „Mist, jetzt hat sich das Spruchband schon wieder in den Ästen verheddert.“ Man einigt sich, das „Stopp A 100“-Transparent erst wieder nach dem Plenum geradezurücken. Eine Handvoll Politkletterer besetzt seit neun Tagen die derzeit politischste Pappel Berlins. An der Neuköllnischen Allee Ecke Grenzallee. Dort, wo die verlängerte Trasse der Stadtautobahn langführen soll. Nach jahrelangem juristischem Ringen soll im Frühjahr Baubeginn für das Großprojekt sein.

Am Mittwochabend luden die Umweltaktivisten zum Plenum. Vor allem, um zu sehen, wie groß die Unterstützung für ihre Sache tatsächlich ist. Ob es sinnvoll ist weiterzubesetzen. Und wenn ja, wie?

Neun neue Unterstützer kamen. Zwei Leute der Bürgerinitiative BISS, die bereits seit 20 Jahren gegen die Autobahn kämpft. Zwei direkt betroffene Bewohner. Dazu noch ein paar lose Sympathisanten.

Eigentlich sei die Besetzung nur als kurzfristige Aktion gedacht gewesen, sagt Enrico Schönberg, einer der Hauptorganisatoren der Aktion. Und dafür habe man auch bereits einiges erreicht: dass das Thema A 100 wieder im Bewusstsein der Menschen sei. „Doch damit es hier weitergeht, muss Infrastruktur her.“ Damit meint Schönberg ein größeres Camp. Ein größeres Zelt, Schlafplätze, Infostände. Oder sogar eine richtige Zeltsiedlung, mit vielen Menschen, die sich den Baubaggern entgegenstellen würden.

Ordentliche Entschädigung

Die Chancen für eine größere Plattform sind nicht schlecht. Denn der Besitzer des Grundstücks, auf dem der Protestbaum steht, ist selbst Kläger gegen die A 100. Er duldet die Aktion und habe sogar zugesagt, den Baumbesetzern seine Lagerhalle neben der Pappel bereitzustellen.

Getan aber hat er es bis dato noch nicht. Überhaupt könnte es mit der Einigkeit zwischen Baumbesetzern und Baumbesitzer schnell vorbei sein. Der Großhändler ist gar kein überzeugter Autobahngegner, er will vor allem ordentlich für sein Gelände entschädigt werden. „Wenn der Senat ihm ein gutes Angebot für den Abriss macht, kann es ganz schnell mit der Gastfreundschaft vorbei sein“, so Schönberg.

Viele Fragezeichen, überschaubare Unterstützung. „Wer wäre denn bereit, Schichten auf dem Baum zu übernehmen?“ Schweigen. Nach einer Weile sagt ein Mann: „Ich bin Michi von der BISS, ich würde Kaffee und Kuchen vorbeibringen.“ So wie die meisten an diesem Abend will auch er eher mit Zuspruch unterstützen. Am Ende beschließt man weiterzumachen. Erst mal noch zwei Wochen. Heute am Samstag gibt es ab 15 Uhr Musik, Kaffee und Kuchen für alle. Sonntag wird eine Toilette gebaut. DMITRIJ KAPITELMAN