Fluchtgründe

Über 4.500 Nigerianer flohen von Januar bis September dieses ­Jahres nach Deutschland. Warum verlassen sie ihre Heimat?

Sackgasse Zypern

Abschiebung 76 Flüchtlinge, die auf britischen Militärbasen gelandet waren, sollen zurück in den Libanon. London: Lokale Behörden sind zuständig

NIKOSIA taz | Die Regierung in London will verhindern, dass Flüchtlinge aus dem Nahen Osten über die britischen Militärstützpunkte Akrotiri und Dekelia auf der Insel Zypern das Vereinigte Königreich erreichen. „Aus naheliegenden Gründen wird es Großbritannien nicht erlauben, dass über die souveränen Stützpunkte eine Hintertür zum Eintritt geschaffen wird“, sagte ein Sprecher der ­Basen gegenüber der Zeitung Cyprus Mail.

Vor drei Wochen waren 114 Personen – darunter 19 Frauen und 28 Kinder – bei der Luftwaffenbasis Akrotiri angelandet. Sie hatten die Überfahrt auf zwei Fischerbooten gewagt, ihre Schlepper entkamen auf Schnellbooten. Startpunkt war offenbar der Libanon, mindestens ein Teil der Menschen stammt auch aus diesem Land.

Nach ihrer Ankunft beantragten die Flüchtlinge bei den britischen Behörden in den Basen Asyl. Doch Großbritannien vertritt den Standpunkt, dass sie dies nur bei den Behörden der Republik Zypern tun dürfen, und verweist auf ein entsprechendes Abkommen zwischen beiden Staaten.

Zuletzt drohten die britischen Behörden auf Zypern den Flüchtlingen, sollten sie nicht bei den Zyprioten Asyl beantragen, dann würden sie in den Libanon zurücktransportiert. Daraufhin hatten bis zum Montag 38 der 114 einen Asylantrag in Zypern gestellt. Andere wollen weiter für ihre Einreise in Großbritannien kämpfen. „Wir gehen nicht in den Libanon zurück. Sollen sie es doch mit Gewalt versuchen“, sagte dazu ihr Sprecher Ibrahim Marouf. Er habe auf Zypern nichts und wolle, wenn schon nicht in Großbritannien, in den Niederlanden, in Belgien oder Deutschland ein neues Leben beginnen.

Zypern wird von vielen Flüchtlingen gemieden. Im ersten Halbjahr 2015 registrierten die Behörden lediglich 830 Asylanträge. Zum einen gelten die Aufnahmebedingungen als hart – derzeit sind viele Asylsuchende in zwei Camps untergebracht, und nur vergleichsweise wenige Flüchtlinge erhalten einen Asylstatus. Zum anderen ist Zypern eine Sackgasse: Das EU-Land hält sich strikt an die Dublin-II-Regeln und erlaubt keine Weiterreise in andere EU-Staaten. Fast alle Flüchtlinge, da­runter auch die 114 von Akrotiri, wünschen sich aber ein künftiges Leben in Westeuropa.

Dass Großbritannien seine restriktive Haltung lockert, ist nicht zu erwarten Schon seit 17 Jahren leben etwa 75 irakische und syrische Kurden sowie Personen aus afrikanischen Ländern auf der britischen Basis Dekelia auf Zypern. Sie verlangten bisher vergeblich ihre Einreise nach Großbritannien. Sechs Flüchtlingsfamilien wollen sie jetzt vor einem britischen Gericht durchsetzen, berichtete kürzlich der Londoner Guardian. Klaus Hillenbrand