LESERINNENBRIEFE
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Schoßkind der Über-Christen

■ betr.: „Der, von dem keiner mehr spricht“, taz vom 7. 1. 13

Ich möchte der FDP einen existenziellen Ratschlag mit auf den Weg geben: Anstatt gegen links zu stacheln, sollten sich die angeblichen Liberalen lieber konstruktiv gegenüber ihrer christlichen Übermutter äußern, um sich selbst zu profilieren und jene Unabhängigkeit wieder zu erlangen, mit der sie sich – allein schon im Namen – seit Jahren gibt. Mit Äußerungen wie „grüne Vermögensteuer-Stasi“ und „Die Grünen wollen wissen und am liebsten vorschreiben“ haben sie sich in Augen der linksorientierten Wähler als mögliche Alternative schon disqualifiziert. Jedoch mutieren die Liberalen mehr und mehr zu einer Partei, die keiner braucht und will, da sie sich keiner Thematik verpflichtend verschreiben. Bleiben sie auf dem Kurs, den sie seither bereisen, werden sie wohl stets das Schoßkind der Über-Christen bleiben. JAN SCHEURECK, Gailingen

FDP ist wenig ideologisch geprägt

■ betr.: „Der, von dem keiner mehr spricht“, taz vom 7. 1. 13

Die Ironie der taz ist nicht angebracht, denn tatsächlich lohnt die Diskussion über Liberalismus in Deutschland. In vielen Teilen der Gesellschaft erwartet man alles vom Staat, vor allem finanzielle Unterstützung, ja Besitzstandswahrung. Doch der Staat kann nur ausgeben, was seine Bürger erwirtschaften. Jeder ist zunächst für sich selbst verantwortlich. Dass es den meisten Deutschen gut geht, liegt daran, dass wir tüchtige Unternehmer haben. Jede Gesellschaft lebt zudem vom Engagement des einzelnen Bürgers in Vereinen, Parteien oder Kirchen. Die FDP könnte die Partei der Basisdemokratie sein, da sie weniger ideologisch geprägt ist als die anderen. Gerade in der FDP könnten die Mitglieder frei über alles diskutieren und dann auch abstimmen. Das Problem der FDP ist, dass sie sich schlecht präsentiert, dass sie in der Öffentlichkeit einseitig auf die Freiheit der Wirtschaft pocht. CHRISTIAN FUCHS, Gutenstetten

Schlecht informiert

■ betr.: „Werbepause“, taz vom 4. 1. 13

Erich Wenk ist schlecht informiert, wenn er den Industrie- und Handelskammern unterstellt, ehrenamtliche PrüferInnen zu werben, weil man keine Angestellten bezahlen will. Die Berufsbildungs- und Prüfungsausschüsse der Kammern sind nach dem Berufsbildungsgesetz vorgeschrieben und gemäß berufsständischer Selbstverwaltung drittelparitätisch besetzt – Arbeitgeber, Gewerkschaften, berufsbildende Schulen. Die PrüferInnen werden aus ihrem jeweiligen beruflichen Umfeld delegiert, sind zum Beispiel Berufsschullehrer oder Ausbildungsleiterinnen in den Betrieben. Arbeitgeber sind verpflichtet, sie für die Arbeit bei den Kammern freizustellen und das Gehalt weiterzubezahlen. CLAUDIA PINL, Köln

Netter Abend auf dem Marktplatz

■ betr.: „Kretschmann hat Gesprächsbedarf“, taz vom 3. 1. 13

So, so, die grüne baden-württembergische Landesregierung erwägt Verbote von Alkohol im öffentlichen Raum. Dabei sind mir die Abende unter Studis mit einer Flasche Wein auf dem Marktplatz von Tübingen in so netter Erinnerung. Gegen wen richtet sich denn so eine Idee? Gegen die Studis, die gefälligst Geld in Kneipen ausgeben sollen, wenn sie draußen trinken möchten? Oder gegen Touristen? Oder gegen Obdachlose – die mangels Geld und Wohnung weder zu Hause noch in der Kneipe trinken können? Eine abstruse und/oder asoziale Idee. SILKE KARCHER, Berlin

Bloß nichts „Unmoralisches“

■ betr.: Rundfunkbeitrag statt Rundfunkgebühr

„Etwa 90 Prozent unserer Bevölkerung können lesen und schreiben. Wir bieten jedermann täglich Rundfunk, Fernsehen, Filme und Zeitungen. Statt daß diese Medien uns aber täglich neben der Reklame das Beste aus der früheren und gegenwärtigen Literatur und Musik bieten, stopfen sie die Köpfe mit billigstem Schund, dem jeder Bezug zur Realität abgeht, voll, und mit sadistischen Phantasien, die so sind, daß sich jeder nur halbwegs gebildete Mensch schämen würde, wenn er ihnen auch nur vorübergehend nachhinge. Und während so das Denken von jedermann, ob jung oder alt, vergiftet wird, achten wir unverdrossen weiter darauf, daß nichts „Unmoralisches“ auf den Bildschirm kommt. Jeder Vorschlag, die Regierung solle die Herstellung von Filmen und Radioprogrammen finanzieren, welche die Menschen aufklären und weiterbringen, würde nur immer wieder auf Entrüstung und Vorwürfe im Namen von Freiheit und Idealismus stoßen.“ Erich Fromm, 1955 MICHAEL SENDER, Mainz

Offshore-Windparks schaden

■ betr.: „Meer Wind heißt nichts“, taz vom 9. 1. 13

Nun noch ein weiteres Argument gegen Offshore-Windparks: zu große Schwankung bei Stromproduktion. Doch nicht nur hier ist Landwindkraft im Vorteil, sondern auch im Preis, in schnellerer und einfacherer Installation – es gab bereits über 80 schwere Arbeitsunfälle bei Offshore-Installation –, im viel geringeren Netzbedarf und in einer zuverlässigeren Planung von Speicherkapazitäten.

Die Lobby der Konzerne und eine schwache Politik machen die unsinnigen Offshore-Windparks zum Schaden der Allgemeinheit möglich. ARTUR BORST, Tübingen