ULRICH SCHULTE ÜBER DIE ZYPERNTAKTIK VON ROT-GRÜN
: Die Blender

Was ist denn plötzlich mit SPD und Grünen los? Beide Parteien drohen der Bundeskanzlerin doch tatsächlich damit, den Milliarden-Hilfen für Zypern nicht zuzustimmen. Ja, das ist überraschend: Denn während die Opposition in der Innenpolitik auf Angela Merkel einprügelt, wo sie nur kann, hat sie bisher bei jeder Rettungsaktion in der europäischen Krise die Koalition brav unterstützt. Der Wunsch nach klarer Kante ist also verständlich – doch die jetzige Drohgeste könnte sich als Rohrkrepierer erweisen.

Bei Europa sind die Grenzen schon lange verwischt: SPD und Grüne nicken Merkels Politik ab, auch weil die Kanzlerin oft spät Instrumente umsetzt, die die Opposition schon länger forderte. Von dieser ganz großen Koalition profitieren die Kontrahenten aber sehr unterschiedlich. Während Merkel die strahlende Krisenmanagerin gibt, wirken SPD und Grüne wie dauerbeleidigte Besserwisser.

Zypern scheint die ideale Gelegenheit für die Revolte. Der Ministaat lockt mit niedrigen Kapitalsteuern, seine Banken stehen im Verdacht, an Geldwäsche und Steuerflucht zu verdienen. Die Vorstellung, ein korruptes System mit Steuergeld zu retten, regt viele eh schon rettungsmüde Deutsche auf. Wer könnte SPD und Grünen verübeln, wenn sie sich dafür nicht hergäben?

Doch Drohungen können schnell auf die Urheber zurückfallen, wenn sie sich als leer erweisen. Erstens wird der Druck, Zypern zu helfen, enorm sein, der Staatenbund kann sich kaum erlauben, die Märkte wegen einer Kleinigkeit erneut zu beunruhigen; und zweitens können Hilfen ja gerade der entscheidende Hebel sein, mit denen die EU Zypern zur Korrektur zwingen kann. SPD und Grüne werden ihre Muskelspielchen also kaum wahr machen. Und dann stehen sie als Umfaller da.

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