„Genau das wollten wir vermeiden“

FALSCHE STELLE Angebohrte Gasleitung: Die umstrittene Bebauung des Bahnhofvorplatzes steht unter schlechten Sternen. Nach den langen Verzögerungen hapert es jetzt an der Bauleitungs-Kompetenz

Es handelte sich keineswegs um alte unbekannte ‚Leitungen – sondern um eine erst vor wenigen Monaten verlegte Leitung, deren Lage bestens dokumentiert ist

Muss ein Investor Baupläne lesen können? Diese Frage stellt sich am Tag zwei nach dem Anbohren der Druckgasleitung auf dem Bahnhofsvorplatz. Die Hamburger Achim Griese Treuhand GmbH errichtet dort ein Doppelhochhaus nach Plänen des Architekten Max Dudler – ein hoch umstrittenes Vorhaben, für das derzeit die Erdarbeiten erledigt werden. Dabei wurde in der Nacht zum Mittwoch allerdings auch die Druckgasleitung miterledigt, die für die Versorgung von 10.000 Bremer Haushalten inklusive des St. Joseph-Krankenhauses zuständig ist.

Ein „oberschenkeldicker Bohrer“ habe sich in die Leitung gebohrt, berichtet Swb-Sprecher Alexander Jewtuschenko. Mit zehn Bar Druck sei das Gas ausgeströmt. Wie das passieren konnte, ist für die Swb noch immer nicht nachvollziehbar. Denn es handelte sich keineswegs um alte unbekannte Leitungen, über die es keine Pläne mehr gäbe – sondern um eine erst vor wenigen Monaten verlegte Leitung, deren Lage bestens dokumentiert ist.

Mehr noch: Die Leitung wurde nach Angaben der Swb eigens verlegt, um das Geschehen auf der Baustelle zu vereinfachen. Zuvor verlief sie quer unter dem Bahnhofsvorplatz hindurch, seit dem Frühjahr jedoch an dessen Rand. „Damit genau das nicht passiert, was jetzt passiert ist“, sagt Jewtuschenko lakonisch. Und macht deutlich: „Das finden wir sehr ärgerlich.“

Der nächtliche Einsatz, der bis um sechs Uhr morgens andauerte, brachte für die Swb erhebliche Kosten mit sich. Die Regelung eines etwaigen Schadensersatzes seien noch unklar, sagt Jewtuschenko: „Zunächst steht das auf unserer Uhr.“ Die bislang kursierenden Kosten von rund 50.000 Euro seien dabei lediglich ein „mittlerer Erfahrungswert“, stellt Jewtuschenko klar. Im konkreten Fall des Bahnhofvorplatzes lägen sie vermutlich noch deutlich höher.

Hinzukommen die Kosten der anderen zwangsläufig Beteiligten: Durch die stundenlangen weiträumigen Absperrungen rund um den Bahnhofsvorplatz durch die Polizei, den sowohl der Feuereinsatz vor Ort als auch die darüber hinaus gehende Explosionsrisiken erforderten, kam es zu massiven Behinderungen des Öffentlichen Personen Nahverkehrs. Betroffen waren nicht nur die Straßenbahnen, sondern – und besonders lange – auch der Busverkehr: Statt der Haltestelle der Überlandbusse prangte im Asphalt auch gestern noch ein großes Loch: Hier musste die Swb einen Notschacht graben, um die weitere Gaszufuhr schnellstmöglich zu unterbrechen. Auch der Eingang zum Hauptbahnhof musste gesperrt werden.

Muss ein Investor Baupläne nun also lesen können? Hoffentlich. Denn nach dem erfolgreichen Abschluss der Erdarbeiten soll es – und das gleich zwei Mal – noch sieben Stockwerke in die Höhe gehen. HB