"Ich habe keinen Job, keine Wohnung, nichts"

Nuhu Aziz wurde, wie Tausende afrikanische Arbeiter, durch den Libyenkrieg 2011 gezwungen, nach Europa zu kommen. Hier hat er nichts

Nuhu Aziz

Foto: Susanne Memarnia

24, aus Ghana, ging mit 17 nach Libyen zum Arbeiten. Über Italien erreichte er 2013 Berlin, lebte lange auf dem Ora­nienplatz.

„Im Moment lebe ich in Wuhlheide bei einem Unterstützer. Ich habe Glück, lebe dort seit einigen Monaten, aber viele können nur zwei, drei Tage an einem Schlafplatz bleiben, dann müssen sie wieder weg. Oft haben sie dann gar nichts, wo sie unterkommen können. Das ist schwierig und wird jetzt im Winter noch schwieriger.

Wir haben kein Geld. Manchmal kommen wir hierher, zu Kotti e. V., und Monique gibt uns Essen. Wenn welches im Kühlschrank ist, essen wir – wenn nicht, nicht. Und jetzt muss ich nach Italien, meine Papiere verlängern, aber dafür habe ich auch kein Geld. Ich weiß nicht, was mich dort erwarten wird, aber ich muss hin, nächste Woche schon.

Dann wurde ich auch noch angerufen von zu Hause: Sie sagten mir, mein Vater ist tot. Das ist frustrierend: Ich denke an meinen Vater, an meine Papiere, ich habe keinen Job, keine Wohnung, nichts. In Italien ist es schrecklich für uns. Man gab mir 500 Euro, damit ich das Haus verlasse, wo ich lebte. So macht es die Regierung: Sie gibt den Refugees Geld, damit sie ihre Wohnungen verlassen, und dann kümmert sich keiner mehr. Du kriegst kein Geld, keine Wohnung, nichts. Hier ist es dasselbe, aber hier gibt es wenigstens Organisa­tio­nen, die sich kümmern, und viele Unterstützer. So etwas wie den Oranienplatz gab es in Italien nicht.

Für die Syrer wird jetzt alles gemacht, aber weder Amerikaner noch Europäer kümmern sich um die Probleme in Afrika und die Attacken in Nigeria, Kamerun, Niger, Mali. Das interessiert sie nicht, weil es dort keine interessanten Ressourcen gibt. Sie helfen, wenn es die weißen Afrikaner in Nord- oder Südafrika, wenn es Syrer oder Asiaten betrifft. Aber wir sind schwarz, darum geben die Regierungen einen Scheiß auf uns.

Ich bin aus Ghana. Viele denken, dort herrscht Frieden, aber 80 Prozent der Menschen dort leben in Armut. Ich bin mit 17 Jahren nach Libyen gegangen, um zu arbeiten und meine Familie zu unterstützen. Habe Autos gewaschen, es ging mir gut. Dann kam der Krieg gegen Gaddafi. Die Rebellen verhafteten uns und zwangen uns, entweder mit ihnen zu kämpfen oder auf Boote nach Europa zu steigen. Auf der Fahrt übers Meer sah ich ein Boot mit tausend Menschen untergehen. Nun bin ich hier, und alles ist noch schlimmer.“ Protokoll: SUM