CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI
: Alles sehen, nix verstehen

Leipzig ist klein, aber für den zugezogenen Ermittler ein einziges Mysterium. Und so kommt es, dass Kommissar Keppler (Martin Wuttke) nun seit schon sieben „Tatort“-Folgen in jenem Hotelzimmer wohnt, in dem einst die legendär umtriebige „KOKO“ wichtige Transaktionen tätigte. „KOKO“ – das sagt dem Wessi natürlich nichts. Dabei hat die „Kommerzielle Koordinierung“, in der DDR einst zuständig für die Devisenbeschaffung, eine zentrale Bedeutung in dem Verbrechen, das er gerade untersucht.

Denn der Brandanschlag auf ein Jugendzentrum, bei dem ein Mensch ums Leben gekommen ist, führt über Umwege zu den Stadtplanungs-, Devisen- und Totalitarismussünden der DDR-Oberen. Offensichtlich steht der Mord im Zusammenhang mit der Sprengung der Paulinerkirche 1968, in dessen Folge Kunstschätze in den Westen verschachert wurden. Und Schaltzentrale für diese Geschäfte war Kepplers Hotelzimmer. So gesteht ihm jedenfalls sein Wirt – und fügt hinzu, dass die Stasikameras natürlich abmontiert sind.

Eigentlich folgt man Wessi Keppler ja ganz gern durch den fremden Osten. Keppler sieht alles, versteht aber erst einmal nichts. Das macht ihn zum perfekten Krimilotsen für den Zuschauer – ohne ihm das Denken abzunehmen. Blöd nur, dass man ihm die Empörungsmaschine Saalfeld (Simone Thomalla) zur Seite gestellt hat, die immerzu mit den hochhackigen Schuhen aufstampft.

Diesmal stampft sie wieder ganz besonders energisch, denn in „Falsches Leben“ (Regie: Hajo Gies; Buch: Andreas Pflüger) geht es um Grabraub, Zwangsadoption und andere unappetitliche Kapitel des Unrechtsstaates. So interessant das ist – spätestens, wenn Thekla Carola Wied als misshandelte Mutter und missbrauchte Kunsthistorikerin auftritt, steigt man aus diesem DDR-Aufarbeitungs-Krimi aus.

Die Chefmutti des Westfernsehens als Chefanklägerin der Ostdiktatur? Lieber nicht.

Leipzig-„Tatort“: „Falsches Leben“, So., 20.15 Uhr, ARD