Der Lobbyist der Woche
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Die Mühen eines Reformers

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Es ist nicht lange her, da gehörte Stephan J. Kramer zu denjenigen, die „eine ernsthafte Debatte über die Notwendigkeit des Inlandsgeheimdienstes“ forderten. Zu Oppositionszeiten vertrat auch die Thüringer Linkspartei noch offensiv die Auffassung, eine Behörde wie das skandalumwitterte Landesamt für Verfassungsschutz in Thüringen sei „untauglich und gefährlich“, weshalb es ersatzlos abgeschafft gehöre. Inzwischen stellt Die Linke mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten im Freistaat – und Kramer bemüht sich in leitender Funktion, „das verlorene Vertrauen in den thüringischen Verfassungsschutz, aber auch seine Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen“. Von einem neuen „Spirit“ spricht das SPD-Mitglied, von „Aufbruchstimmung“, einem „Paradigmenwechsel“.

Einen vormaligen Kritiker zum Verfassungsschutzchef zu machen – eine bessere Werbekampagne, um dem klandestinen Verein ein sympathischeres Image zu verpassen, hätte sich auch eine teure PR-Agentur nicht einfallen lassen können. Nur in der Praxis gibt es ein paar Probleme. Denn bei allen rot-rot-grünen Reformbemühungen bleibt ein Geheimdienst doch ein Geheimdienst – und der hat das in seiner Natur liegende unstillbare Bedürfnis, sich in der Informationsbeschaffung nicht unnötig einschränken zu lassen. Weswegen sich Präsident Kramer jetzt auch gegenüber Spiegel Online beklagt hat, sein Amt befinde sich „in einer schwierigen Situation, weil wir nach dem NSU konsequenterweise Informanten abschalten mussten und bislang keine Alternativen aufbauen konnten“. Die Informationslage sei „nach der Abschaltung unserer Zuträger derzeit suboptimal“. Auch gebe es „Schwierigkeiten, Chats bei Diensten wie WhatsApp oder Threema umfassend zu überwachen“. Da hätte man den Laden auch gleich abschaffen können. Pascal Beucker