Berliner Szenen
: Bei der Polizei

Eine reine Formalie

Ich unterschreibe ein Papier, dann noch eins und noch eins

Kriminalpolizei, sagt der Anrufer. Hoppla, ich dachte, die Sache sei erledigt. Die Polen, sagt der Polizist, haben eine große Lagerhalle ausgehoben mit 600 Autoteilen. Hehlerware. Ein paar Teile von meinem vor einem Jahr geklauten Auto waren dabei. Ich muss als Zeuge aussagen. Guti, sagt der Beamte.

Ich fahre an einem sehr windigen Tag mit dem Rad raus nach Reinickendorf. In diesem Berlin war ich noch nie. Aber ich war ja auch noch nie Zeuge in einem Kriminalfall. Ist eine reine Formalie, sagt der Kriminaler, der sich über meine Ankunft zu freuen scheint.

Mein Fahrrad bleibt unangeschlossen draußen stehen. Ist ja Polizeigelände. Und wenn es doch wegkommt?, fragt der Beamte. Dann wäre das eine ziemlich gute Geschichte, sage ich. Er weiß nun, dass ich Journalist bin. Da kennt er sich aus. Er hat einen Bruder bei einer großen Berliner Zeitung. Für den habe ich auch schon mal geschrieben.

Im Büro des Beamten stehen kleine Polizeibären. An der Wand hängt eine signierte Autogrammkarte von Axel Prahl, weil dem auch schon mal ein Auto geklaut worden ist. Sogar zwei. Süß, sagt der Polizist. Er ist zuständig für den Autoklau in Prenzlauer Berg. Da kommen die meisten Autos in Berlin weg.

Das kann ich bestätigen. Deswegen habe ich mein neues Auto aufgerüstet. Gern berichte ich dem Ermittler von OBD-Adap­tern und so. Die Diebe machen das ja so: hebeln die Tür auf, schließen sich mit einem Laptop an den Bordcomputer an, sagt der Polizist, dann stellen sie den Code der Wegfahrsperre auf null und können dann den Motor anwerfen.

Ich unterschreibe ein Papier, dann noch eins und noch eins. Der Beamte hat viel zu tun, denn in Berlin wird viel Auto in Hehlerware umgewandelt. Vor allem VW, Audi, deutsche Wagen, sagt er. Die Leute sollten sich einen Peugeot kaufen, dann hätten sie Ruhe. Der Mann bringt mich persönlich zum Tor. Guti. Markus Völker