Heimkehrender Atomlobbyist

Seinen neuen Arbeitsplatz kennt er gut: Schließlich hat Gerald Hennenhöfer (62) die Abteilung für Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium schon einmal geleitet – von 1994 bis 1998 unter Ministerin Angela Merkel. Damals zwang er das Land Hessen, das AKW Biblis trotz Sicherheitsbedenken am Netz zu lassen, und setzte durch, dass im maroden DDR-Endlager Morsleben massenhaft westdeutscher Atommüll eingelagert wurde.

Unter der rot-grünen Regierung verfolgte der Jurist die gleichen Ziele, aber für einen neuen Arbeitgeber: Als Generalbevollmächtigter des Eon-Vorläuferkonzerns Viag verhandelte er mit Jürgen Trittin über den Ausstieg – mit Erfolg: Der von Hennenhöfer mit unterzeichnete „Atomkonsens“ wurde so gestaltet, dass bis heute nur zwei AKWs vom Netz gehen mussten.

Später wechselte er in eine Berliner Anwaltskanzlei, arbeitete aber weiter für die Atomwirtschaft: So zählte zu seinen Mandanten etwa das Helmholtz-Zentrum, das bis 2008 das von Wassereinbrüchen bedrohte Atommülllager Asse betrieben hat. Zudem verfasste Hennenhöfer im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ein Gutachten, mit dem Laufzeitverlängerungen für ältere Atomkraftwerke gerechtfertigt werden sollten. Maßgeblich seien „betriebswirtschaftliche Gründe“, schreibt er darin zur Frage, ob Strommengen von neuen auf alte AKWs übertragen werden dürfen. „Sicherheitsfragen, insbesondere ein Sicherheitsvergleich der betroffenen Anlagen, sind hingegen nicht maßgeblich.“ Der bisherige Atomaufseher im Umweltministerium, Wolfgang Renneberg, hatte genau gegenteilig argumentiert – und wurde nun in den vorläufigen Ruhestand versetzt.

Nicht nur Opposition und Umweltverbände fürchten nun, dass mit der „rückwärtsgewandten Personalentscheidung“ (Tobias Münchmeyer, Greenpeace) der „Bock zum Gärtner“ gemacht wird (Silvia-Kotting Uhl, Grüne). Auch im Umweltministerium sollen selbst CDU-nahe Mitarbeiter entsetzt über die Entscheidung gewesen sein, einen Lobbyisten zurückzuholen. Hennenhöfer selbst wollte sich zu den Vorbehalten gegen seine Person nicht äußern. MALTE KREUTZFELDT

Meinung + Diskussion SEITE 12