Sportplatz
:

Union in roten Hosen im Kampf um den Ball mal vorn Foto: Foto:dpa

Einigkeit bei den Fans wenigstens in der Abneigung gegen alkoholfreies Bier

FUSSBALL Union gewinnt mit zehn Mann 2:1 gegen Karlsruhe in der Alten Försterei – nun teilen sich beide Teams schiedlich die Tabellenmitte

Nein, ziemlich beste Freunde werden die Fußballfans von Union Berlin und des Karlsruher SC wohl nicht mehr, das hat ein in vielerlei Hinsicht denkwürdiger Freitagabend erneut bewiesen. Erst wurde ordentlich geschmäht, später geschlägert.

Gegenseitig abgeneigt sind die Fangruppen vor allem deshalb, weil die KSC-Anhänger mit jenen der Berliner Hertha eine jahrzehntelange Fanfreundschaft verbindet. Dass der Freund meines Feindes selbstredend auch mein Feind sein muss, ist für die Unioner nur logisch. So funktioniert schließlich das Geschäft auch im Fußball, insbesondere für die radikalere Fanschaft.

Trotzdem fanden sich wenigstens in allgemeineren Fußballfragen – die Fifa und die Tickets betreffend – zwei Punkte, die bei Unionern und Karlsruhern Einigkeit an dem Abend hervorriefen.

Wird auch noch die sportliche Situation der beiden Zweitliga-Vereine herangezogen, sind es sogar drei Punkte. Weil nämlich Union gegen Karlsruhe im Stadion An der alten Försterei mit 2:1 gewann, stehen beide Teams nun bei 30 Punkten. Sie sind damit Teil einer breiten Tabellenmitte. Es ist eine Mitte, wie sie sich Europas Demokratie derzeit gern wünschte – unverwüstlich, stabil, allen noch so großen Krisen trotzend.

Nur hat man leider weder bei Union noch beim KSC erstrebt, ein Teil dieser so tollen Zweitliga-Demokratie zu sein, in der für fast alle Teilnehmer das Gleichheitsprinzip gilt. Weitaus lieber wäre es den Roten und Blauen gewesen, als Diktatoren von der Spitze herab zu grüßen. Vielleicht unbeliebt, aber wenigstens erfolgreich.

Elf Spieltage vor Rundenschluss steht indes für beide Teams fest, dass für sie das Aufstiegsrennen längst passé ist. Und so übel gewirtschaftet wie die in feudaler Abhängigkeit stehenden Klubs des MSV Duisburg, von 1860 München und des SC Paderborn – dem abgeschlagenen Trio am Tabellenende – haben Union und der KSC nun auch wieder nicht.

Die restlichen Spiele verkommen also zur absoluten Zirkusnummer. Union-Fans werden sagen: wieder einmal! Elf Punkte beträgt der Rückstand auf Platz drei, der zu den Relegationsspielen in die Bundesliga berechtigt. Zwölf Punkte Vorsprung sind es nach hinten. Das hat wenigstens einen Vorteil: Der krankheitsbedingte Ausfall von Cheftrainer Sascha Lewandowski wiegt nicht ganz so schwer. Offensichtlich hat André Hofschneider, Lewandowskis Vertretung, bei den Spielern aber sowieso die richtige Ansprache gefunden. Nach einem 0:1-Rückstand und in Unterzahl (ab Minute 47) besiegten sie Karlsruhe noch mit 2:1. Felix Kroos, bester Akteur unter den 22 Versammelten, traf sehenswert zum 1:1 (45.), Bobby Wood erzielte das Siegtor (60.).

„Die Mannschaft hat überragend verteidigt und eine riesige Mentalität gezeigt“, lobte Hofschneider hernach. Kapitän Sören Brandy befand: „Ab der gelb-roten Karte waren die Fans unser 11. Mann, sie haben uns nach vorne gepeitscht.“

Apropos Fans. Unioner wie Karlsruher protestierten gegen personalisierte Eintritts­tickets – und richteten ihren Unmut an die „Fußball-Mafia DFB“. Zur Fifa-Präsidentenwahl gab’s ebenfalls nur eine, von den Union-Fans plakatierte Meinung: „Wir nehmen euch so ernst wie alkoholfreies Bier – Fifa-Mafia.“ Kriminell ging’s später freilich zwischen den beiden Fanlagern zu. 20 Unioner und 15 Karlsruher setzten das sportliche Duell in einer Kneipe in Friedrichshain auf unsportliche Weise prügelnd fort. Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs. Auch eine Feindschaft bedarf intensiver Pflege. Zumal in Zeiten großer Langeweile. David Joram