Flüchtlinge in Köln

Geflüchtete und Unterstützer prangern die Zustände in einer ­Notunterkunft an. Wachleuten werfen sie sexuelle Übergriffe vor

Zu viele Aufgaben, zu kurze Ausbildung

Arbeit Die Sicherheitsleute in Flüchtlingsheimen sollen Wächter, Übersetzer und Schlichter sein. Doch es gibt für sie kaum Weiterbildung oder Kontrollen

BERLIN taz | Eine Szene in der Notunterkunft im Flughafen Berlin-Tempelhof: Ein Sicherheitsmann lässt die Bewohner nach und nach in die Kleiderkammer, spricht arabisch, übersetzt, ist freundlich zu den Leuten. Als einer der Bewohner laut wird und eine Helferin beschimpft, spricht der bärige Security-Mann ruhig, aber bestimmt auf ihn ein, führt den Mann dann nach draußen.

Er ist wie so viele Wachleute Sicherheitsmann, Übersetzer, kultureller Mediator und Beschwichtiger in einem. „Viele Leute machen mehr, als sie müssten“, sagt eine Sprecherin des UnterstützerInnenvereins „Kreuzberg hilft“ über die Security.

Das kann auch Schattenseiten haben. „Die Leute werden oftmals überfordert“, meint Guido Jurock, Gewerkschaftssekretär für besondere Dienstleistungen bei Verdi in Hessen. Er berät oft Wachleute, die in den Unterkünften fast als einzige Ansprechpartner dienen müssen, weil es keine oder nicht genug Betreuer gibt. „Das kann dann schwierig werden in den Nachtdiensten, wenn der Sicherheitsmann entscheiden soll, ob er nun den Rettungswagen ruft oder nicht, weil ein Flüchtling Beschwerden hat“, so Jurock.

Wer Wachmann werden will, braucht ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis und als Mindestanforderung nur den Nachweis einer 40-stündigen Schulung bei der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK). Doch das reicht kaum, um in einer Unterkunft mit hunderten Flüchtlingen aus unterschiedlichen Kulturen ausreichend deeskalieren zu können. „Wer in einem Flüchtlingsheim arbeitet, sollte regelmäßig eine Weiterbildung absolvieren“, sagt der Leiter des Ausbildungszentrums einer Sicherheitsfirma in Schwerin. Schließlich müsse man sich in kulturellen Fragen auskennen, etwa dass man in einer Familie aus einer muslimischen Kultur nicht die Frau anspricht, sondern den Mann. Man schärfe den männlichen Sicherheitsleuten auch ein, niemals in die Sanitärräume von Frauen zu gehen. Es gibt das Gesetz, dass Frauen nur von Frauen kontrolliert werden dürfen.

Doch die Trennung der Geschlechter ist ein heikles Thema in den Unterkünften, denn oftmals ist nicht genug weibliches Sicherheitspersonal da. „Was macht der Wachmann dann im Nachtdienst, wenn er zu einem Streit gerufen wird im Waschraum der Frauen?“, meint Jurock, „dann muss er vielleicht doch reingehen.“

In manchen Unterkünften sind die Waschräume nicht abschließbar, dabei fordert die EU-Richtlinie von den Mitgliedstaaten „geeignete Maßnahmen“ in den Unterkünften gegen „Übergriffe“ und „geschlechtsbezogene Gewalt“. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig hatte sich für die Umsetzung dieser Richtlinie starkgemacht. Doch das Vorhaben liegt „derzeit auf Eis“, heißt es aus Regierungskreisen.

Der Stundenverdienst der Wachleute liegt etwa in Hessen bei 10,50 brutto, es gibt viele Subunternehmer, der Dienst in den Heimen ist nicht beliebt. Laut dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft BDSW fehlen 14.000 Wachleute in Deutschland.Barbara Dribbusch