Neues Denken verlangt

Schifffahrt Geht es nach einer neuen Studie, braucht Norddeutschlands maritime Wirtschaft einen „mentalen Strukturwandel“: Statt weiter in Schiffen und Containern, müsse über die Hafenkante hinaus gedacht werden

Eigentlich ist alles reine Kopfsache. Schwächelnde Weltwirtschaft, globale Schifffahrtskrise, sinkender Umschlag in den norddeutschen Häfen Hamburg und Bremerhaven – das alles erfordere einen „Paradigmenwechsel“, so sagte es der Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) gestern: Da galt es eine Studie zum „Schifffahrtsstandort Hamburg“ zu präsentieren, erstellt von der Unternehmensberatung Ernst & Young und dem Fraunhofer Center für Maritime Logistik.

Aus Sicht von Bernd Richter von Ernst & Young ist die Haupterkenntnis, dass Reedereien „nicht länger in Schiffen und Tonnage denken sollten“, erforderlich sei vielmehr eine Öffnung für Investoren und Öffentlichkeit, ja, ein „mentaler Strukturwandel“.

Zukunftsträchtig wäre dafür eine „Schifffahrts AG Hamburg“ zu gründen: Dort könnten Investoren, Banken und auch Privatpersonen in ganze Reedereien investieren, statt wie bisher zur Finanzierung einzelner Schiffe beizutragen; mit diesem Modell war ja gerade die HSH Nordbank in heftige Turbulenzen geraten. Voraussetzung dafür sei aber wirtschaftliche Offenheit, so Richter: Das hanseatische Denken in abgeschotteten Familienbetrieben funktioniere im Zeitalter der Globalisierung nicht mehr.

In 17 „Handlungsoptionen“, die analog auch auf Bremerhaven, Deutschlands zweitgrößten Hafen, angewendet werden können, beschreibt das 148.000 Euro teure Gutachten mögliche Wege aus der Krise: Ob gezieltere Forschung, Kostenreduzierungen, neue Finanzierungsmöglichkeiten oder bessere Vermarktung – gemeinsam ist all diesen Empfehlungen, dass nicht länger in umgeschlagenen Containern gedacht werden soll. Ein maritimes Zentrum wie Hamburg mit seinen 460 einschlägigen Unternehmen, 24.000 Beschäftigten und 4,1 Milliarden Euro Wertschöpfung pro Jahr müsse „über den Hafen hinaus denken“, heißt es in der Studie, „an Forschung, Entwicklung, Digitalisierung und Dienstleistungen“.

Das wäre in der Tat ein Paradigmenwechsel – zu einer modernen Wirtschaftspolitik, in der auch Schiffe ihren Platz haben. Sven-Michael Veit