Hoffen auf das große Geld

Am liebsten würde der Senat schon nächstes Jahr Studiengebühren einführen. Doch wie das Beispiel anderer Länder zeigt, ist das kaum zu schaffen. Gesetz und Studienkredit sollen in Kürze vorgestellt werden. Außer der Kunsthochschule kassieren alle

„Jede demokratische Form der Meinungsäußerung ist gerechtfertigt“ „Wir halten uns an die Vorgabe des Gerichts von maximal 500 Euro Gebühren“

von Eva Weikert

Düsseldorf, Stuttgart, Hannover – die ersten Landesregierungen haben bereits ihre Gesetzentwürfe zur Erhebung von Studiengebühren vorgestellt. In Hamburg will Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) spätestens im November seine Vorgaben für das Bezahlstudium darlegen. Klar ist bisher nur, dass in staatlichen Hochschulen bis zu 500 Euro monatlich kassiert werden dürfen. Zunächst hatte der CDU-Senat verkündet, die Gebühren möglichst im April 2006 einführen zu wollen, zuletzt hieß es dann Herbst nächsten Jahres. Doch das wird knapp.

Denn die Gerichte geben vor, dass die betroffenen Studenten aus Gründen des Vertrauensschutzes ausreichend im Voraus über Studiengebühren informiert werden müssen. Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg werden darum erst ab Sommersemester 2007 die Abgabe kassieren. Niedersachsen löst das Problem, indem es nächsten Herbst nur den Erstsemestern Gebühren zumutet (siehe Seite II). „Wir werden die Vorgaben natürlich einhalten“, betont die Sprecherin der Hamburger Wissenschaftsbehörde, Sabine Neumann. „Wie das funktionieren soll“, werde bei der Präsentation des Gesetzentwurfes erklärt.

Die ASten der hiesigen Hochschulen haben angekündigt, ihren Widerstand gegen das Bezahlstudium fortzusetzen. Im vergangenen Mai hatte die Polizei brutal auf studentischen Protest reagiert und blockierte Uni-Gebäude mit Gewalt geräumt. Für dieses Semester kündigten die ASten an, weniger gegen die Hochschulleitungen und stärker gegen den Senat zu mobilisieren.

„Jede demokratische Form der Meinungsäußerung ist gerechtfertigt“, sagte Dräger jetzt der taz: „Ich werde gegenüber den Studierenden weiterhin mit Argumenten für die Vorteile von Studienbeiträgen werben.“ Er bezweifle, dass die Proteste im Mai „auf hinreichenden Informationen“ über die Bedingungen von Studiengebühren basierten.

Der Senat rechnet damit, dass die Hochschulen durch die neue Abgabe jährlich insgesamt bis zu 60 Millionen Euro zusätzlich einnehmen. Die Stadt selbst stellt ihnen pro Jahr 700 Millionen Euro zur Verfügung. Dräger hat bisher stets betont, die Gebühreneinnahmen würden komplett den Lehrstätten überlassen. Diese müssten sich verpflichten, das Geld in die Verbesserung von Studium und Lehre zu stecken.

Wie der Senator zudem verspricht, soll mit Beginn des Bezahlstudiums die erstmals diesen Herbst fällig gewordene Verwaltungsgebühr von 50 Euro wieder entfallen. Gestrichen würde auch die 500-Euro-Abgabe für Langzeitstudenten und Auswärtige. Die Rückmeldegebühr, die an Studentenwerk, AStA und Verkehrsverbund geht und bei etwa 185 Euro liegt, muss aber weiterhin berappt werden, so dass ein hiesiger Student bald mit Uni-Kosten von bis zu 1.370 Euro jährlich rechnen muss.

Allein die Kunsthochschule am Lerchenfeld hat erklärt, auf Gebühren verzichten zu wollen. Der Präsident der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), Michael Stawicki, lehnt das Bezahlstudium zwar im Prinzip auch ab. Es schrecke ab und berge die Gefahr, dass sich der Staat aus der Hochschulfinanzierung zurückzieht. Trotzdem will Stawicki nicht ausschließen, dass die HAW das Geld nimmt. Strikte Verfechterin von Gebühren ist nur die Technische Uni, deren Präsidium sich bereits auf 500 Euro pro Semester festgelegt hat.

Der Präsident von Hamburgs größter Hochschule, Universitäts-Chef Jürgen Lüthje, hält Studiengebühren zwar für „notwendig“, weil die Hochschulen unterfinanziert seien. Er stellt aber Bedingungen an die Politik: Ohne eine „angemessene Regelung“ der Studienfinanzierung seitens der Stadt werde die Uni-Leitung keine Gebühren einführen. Dazu gehörten Darlehensangebote mit niedriger und vom Kapitalmarkt unabhängiger Verzinsung und einkommensabhängiger Rückzahlung sowie zusätzlich staatliche Stipendien.

Erste Geldinstitute wie die Hamburger Sparkasse bieten schon Kredite zur Studienfinanzierung an – allerdings zu unkalkulierbaren kapitalmarktabhängigen Zinsen, so dass die Stundung teuer werden kann.

Drägers Behörde sucht derzeit noch nach einem Partner für einen Hamburger Studienkredit, Details über die Konditionen will sie zusammen mit dem Gebührengesetz präsentieren. Als Beispiel für „sozial verträgliche Studiengebühren“ führte der Senator bisher stets die Struktur in Australien an, wo der Staat Kredit für die Gebühren gibt, der nach dem Studium nur bei einem Mindesteinkommen zurückgezahlt werden muss. In Australien aber ist die Abgabe seit Einführung 1989 von 100 auf inzwischen mehrere tausend Euro pro Semester angestiegen und nach Fächern unterschiedlich hoch. Gleichzeitig wurden die Tilgungsfristen für die Darlehen gekürzt und die Einkommensgrenzen für Rückzahler gekappt.

Sorgen, hierzulande drohe eine ähnliche Entwicklung, wiegelt Dräger ab: Gemäß dem Bundesverfassungsgericht seien Gebühren nur bis zu 500 Euro zulässig. „Daran halten wir uns in Hamburg.“ Die Einkommensgrenzen für Rückzahler eines Hamburger Darlehens, erklärt er zudem, würden „mindestens so hoch liegen wie die für die Bafög-Rückzahlung“ – also über der allgemeinen Pfändungsfreigrenze.

Bei 1.000 Euro Gebühren jährlich rechnet die Uni, die über einen Etat von rund 250 Millionen Euro verfügt, mit Einnahmen von bis zu 30 Millionen Euro. Mit dem Geld könnten Tutorien für alle Studienphasen finanziert und zusätzliche Dozenten beschäftigt werden, so Lüthje. Verbessert werden müsse zudem die Ausstattung mit Literatur, Laborgerät und Computern.

Die Uni-Leitung schlägt dem AStA vor, die „Erhebung und Ausgestaltung“ von Studiengebühren gemeinsam zu regeln. Ein Vertrag solle Höhe und Verwendung festlegen sowie die Einspeisung des Geldes in einen „Sonderfonds“, der von den Uni-Gremien und den Studenten gemeinsam verwaltet werde. Die Vereinbarung müsse zudem eine Klausel enthalten, nach der die Gebühr nicht mehr erhoben werden darf, sobald der Staat den Hochschuletat absenkt. Der AStA hat das Angebot aus genereller Ablehnung von Studiengebühren bisher stets zurückgewiesen.