MUSIK

MusikPhilipp Rhensiushört auf den Sound der Stadt

Nehmen wir mal an, es gäbe Zeitmaschinen und wir müssten jemanden aus der Vergangenheit unser Dasein in einem Satz erklären. Er müsste lauten: Wir sind längst keine natürlichen Lebewesen mehr, sondern halb Mensch, halb Maschine. Ob alltägliche Mensch-Smartphone-Symbio­se oder medizinische Hirnschrittmacher. Ohne künstliche Intelligenz wären wir gar keine Menschen mehr. Auch die Musik profitiert von dieser Interaktion, denn durch sie lassen sich ungeahnte Klänge und Rhythmen erschaffen. Diesem Thema widmet sich die Serie „Aggregate“ im Acud, bei der selbst gebaute Musikmaschinen auf menschliche Performer treffen. Die Instrumente stammen von der Computermusikerin Marion Wörle und dem Komponisten Maciej Sledziecki, auch bekannt als Gamut Inc. Beim „Aggregate“-Debüt werden Maschinen auf den Musiker und Künstler Hilary Jeffrey treffen, der sich seit einer Reise in die Sahara als „Wüsten-Posaunist“ bezeichnet. Besonders die Räume der Stille, die er dort erfahren hat, haben sein Schaffen nachhaltig beeinflusst. Wie sich die vermeintlich natürlichen Strukturen der Wüste mit den vermeintlich unnatürlichen, nichtmenschlichen verstehen, dürfte nicht nur für die Musiker, sondern auch für die Hörer eine interessante Herausforderung sein (Veteranenstraße 21., 24.3, 20 Uhr).

So wie die akustische Musik die elektronische in ihren Anfängen zu Beginn des 19. Jahrhunderts beeinflusst hat, so auch umgekehrt. Die Cellistin Ulrike Brand und Gitarrist Olaf Rupp, die am Sonntag zusammen mit der Schweizer Pianistin Katharina Weber im ausland auftreten, sind hierfür ein gutes Beispiel. In ihren Improvisationen verwenden sie Spieltechniken, wie die mit dem Bogen gespielte Gitarre, um akustische Verfremdungseffekte wie Obertonklänge oder Cluster, also das Zusammenspiel mehrerer, nahe beieinander liegender Töne, zu erzeugen. Ihre Musik ist kein Werk, sondern ein stetiger Prozess, Suche nach immer neuen Klängen, Welten werden gebaut, wieder zerstört und erstehen als neue wieder auf. Genau wie der Philanthrop, der vor 2.000 Jahren aus einer Höhle zurückkehrte, um der Welt als Projektionsfläche zu erscheinen (Lychener Str. 60, 27. 3, 20 Uhr).

Ihm zu Ehren veranstalten die Crews Locked und Habitus zu Ostern einen Rave im Neuköllner Club Griessmühle. Dort teilen sich der von Dub, Jungle und House beeinflusste Musiker Asusu aus Bristol und die Berliner Bassmusik-Institution und Version-Mitgründer Hops, dessen eklektische Sets auch so was wie eine Zeitmaschine sind: Darin treffen die leeren Räume des frühen Dubstep auf zeitgenössischen Breakbeat House und die Polymetrik 20 Jahre alter Jungle-Tracks (Sonnenallee 221, 27./28. 3, 0 Uhr).