Strategien

Welches Ziel verfolgt der IS mit den Anschlägen in Europa? Und wie sollte man darauf reagieren? Im US-Wahlkampf ist das umstritten

Trumps Angstmacherei vor dem Terror in Europa

USA Donald Trump sieht sich in seiner Idee der geschlossenen Grenzen bestätigt. Hillary Clinton widerspricht seiner Ideologie

Donald Trump vor einem Modell der Twin Towers. Auf einer Konferenz im Mai 2005 in New York schlug Trump vor, die Zwillingstürme des World Trade Center wieder neu aufzubauen. Und zwar um eine Etage höher Foto: Timothy A. Clary/afp

BERLIN taz | Donald Trump hat es immer gewusst. Nach den Anschlägen in Brüssel veröffentlicht er auf Instagram den Ausschnitt eines alten Interviews. „Ich war einmal in Brüssel, so ein schöner Ort. Jetzt ist es ein Drecksloch. … Es wird etwas passieren.“ Trump fühlt sich in seinen Ideen bestätigt: Grenzen dicht, Pauschalverurteilung von Muslimen und Folter als probates Mittel im Anti-Terror-Kampf. „Wenn ich die Gesetze ausweiten könnte, würde ich sehr viel mehr tun als nur Waterboarding“, sagte er jetzt NBC.

Die Konservativen in den USA reagieren nach Anschlägen in der Regel mit Forderungen nach mehr Sicherheit und Überwachung. Trump und Konkurrent Ted Cruz bleiben dieser Linie treu. Freiheitswerte zählen in Zeiten von Terror nicht. Auch Cruz reagierte auf die Attentate: „Wir brauchen keinen weiteren Vortrag über Islamophobie von unserem Präsidenten … Wir müssen den Plan stoppen, Tausende muslimische Flüchtlinge aus Syrien ins Land zu bringen.“ Betonung auf muslimisch.

Weder Trump noch Cruz neigen zu Abwägungsprozessen. In einem Gespräch mit der Washington Post umriss Trump seine außenpolitische Agenda: Die UN hält er für inkompetent, die Nato ist zu teuer. „Wir müssen uns um uns selbst kümmern.“

Noch ist Trump nicht Präsident, aber sich darauf zu verlassen, dass Hillary Clinton ihn am Ende stoppen wird, ist gefährlich. Blake Hounshell, einer der führenden Journalisten von Politico, twitterte nach den Anschlägen: „Amerika könnte einen Terroranschlag entfernt sein von einem Präsidenten Donald Trump.“ Das ist keine Hysterie, sondern ein realistisches Szenario. Trump baut seinen Wahlkampf auf Emotionen auf. Er setzt auf den Frust derer, die vom Leben enttäuscht sind und Angst vor den Fremden haben, die aus ihrer Sicht dafür verantwortlich sind, dass es Amerika schlecht geht. „Inkompetente Hillary, möchte die Grenzen trotz der furchtbaren Anschläge in Brüssel heute schwach und offen halten … Niemals!“, twitterte er.

Die Angst vor einem Anschlag „auf amerikanischem Boden“ ist seit 9/11 immanent. Sie zeigt sich in überzogenen Überwachungsgesetzen genauso wie in fremdenfeindlichen Ressentiments. Da wird schon mal ein muslimischer Junge verhaftet, weil seine selbstgebastelte Uhr eine Bombe sein könnte.

Clinton wählt nach Brüssel den Gegenentwurf zu den Republikanern: „Im Angesicht von Terrorismus verfällt Amerika nicht in Panik. Wir bauen keine Mauern oder wenden uns von unseren Verbündeten ab. … Wir können nicht alles über Bord werfen und anfangen zu foltern.“ Die wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin versucht, die Wahl im November zu einer Werteabstimmung zu machen. Wohl wissend, dass sie nicht die populärste Kandidatin ist. Es wird nicht leicht, gegen Trumps Angstmacherei anzukommen. Noch aber führt Clinton in Umfragen im direkten Vergleich mit ihm. Rieke Havertz