Panama Papers

Während die Bundesregierung Steuerhinterziehung mit Transparenz bekämpfen will, versucht China das Gegenteil

„Panama“ kommt auf den Index

ÖFFENTLICHKEIT China ist in den Enthüllungen am häufigsten erwähnt. Die Regierung reagiert mit Zensur

Die Zensurbehörden lassen sämtliche soziale Medien Einträge mit „Panama“ löschen

PEKING taz | Hong Lei ist unangenehme Fragen gewohnt. Zweimal in der Woche steht der Sprecher des chinesischen Außenministeriums den internationalen Korrespondenten Rede und Antwort. Und anders als ihre chinesischen Kollegen haben die ausländischen Journalisten die Möglichkeit, die in China sensiblen Themen wie etwa Menschenrechtsverletzungen anzusprechen – ohne gleich mit Repressionen rechnen zu müssen. Normalerweise weiß Hong Lei geschickt zu kontern. Doch an diesem Dienstag reagiert er ungehalten, ja geradezu ruppig auf die Frage, inwiefern er bestätigen könne, dass Angehörige chinesischer Spitzenpolitiker in den Panama-Papieren mit Briefkastenfirmen erwähnt werden. „Gegenstandslos“ seien diese Anschuldigungen, antwortet er schroff. Deswegen sehe er keine Notwendigkeit, sie zu kommentieren. Schluss. Aus.

Dabei ist China das Land, das in den Panama-Papieren keineswegs nur am Rande, sondern am häufigsten erwähnt wird. Dem britischen Guardian zufolge, der ebenfalls an der Auswertung der Panama-Papiere beteiligt ist, stammen die meisten Eigentümer der Briefkastenfirmen aus China und Hongkong. Die in Panama ansässige Kanzlei Mossack Fonseca unterhält acht Büros in der Volksrepublik, so viele wie in keinem anderen Land. Und es sind keineswegs nur chinesische Superreiche, die dubiose Briefkastenfirmen in Panama betreiben und auf diese Weise offensichtlich ihr Vermögen verschleiern wollen. Auch Angehörige von chinesischen Spitzenpolitikern sind beteiligt.

„Verwandte von mindestens acht gegenwärtigen oder früheren Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des chinesischen Politbüros“ werden in den Papieren erwähnt, heißt es in den Berichten, darunter auch der Schwager von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Im Jahr 2012 hatten die Finanznachrichtenagentur Bloomberg und die New York Times schon einmal berichtet, dass Xis Schwager Deng Jiagui über mehrere Hundert Millionen Dollar an Unternehmensbeteiligungen und Vermögenswerten verfügt und sie in Steueroasen versteckt haben soll. Im selben Jahr hatte Xi bei seinem Amtsantritt der Korruption mit einer groß angelegten Kampagne den Kampf angesagt.

Die Mehrheit der Chinesen hatte davon nur wenig erfahren. Chinas Zensur untersagte sämtlichen chinesischen Medien, darüber zu berichten. Vor zwei Jahren hatte das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) aus ebenfalls geleakten Dateien dann fast 22.000 Offshore-Firmen von Kunden aus China und Hongkong aufgelistet, mit denen Chinas Reiche ihr Vermögen verschleiern wollten. Unter ihnen fanden sich auch Verwandte von Expräsident Hu Jintao. Auch das wurde in China verschwiegen.

Und auch jetzt ist es chinesischen Medien verboten, über die Enthüllungen zu berichten. Die Zensurbehörden lassen seit Montag sämtliche soziale Medien in China Einträge mit „Panama“ löschen. Lediglich die der Kommunistischen Partei nahe stehende Global Times greift die Enthüllungen in einem Kommentar auf, ohne jedoch die chinesischen Politiker zu erwähnen. Stattdessen mutmaßt die Zeitung, dass hinter der Veröffentlichung der Dokumente eine „mächtige Kraft“ stehe. Geschädigt werden sollten Gegenspieler des Westens wie Wladimir Putin. Felix Lee