Die Freiheit in der Provinz

SPD Parteilinker Ralf Stegner will in Schleswig-Holstein bleiben: Es ziehe ihn nicht in die Bundespolitik

KIEL taz | Er machte es spannend: Ausführlich sprach Ralf Stegner am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Kiel über die SPD im Allgemeinen – bevor er zu seiner eigenen Rolle kam: Die will er weiter in Schleswig-Holstein spielen, wo er zu den beherrschenden Figuren der Landespolitik gehört.

Zurzeit ist er Fraktionsvorsitzender im Landtag. Aber Stegner ist als wichtiger Vertreter des linken SPD-Flügels und stellvertretender Bundesvorsitzender eben auch häufig jenseits der Landesgrenzen unterwegs. Er scheut keinen Talkshow-Auftritt und keine Twitterdebatte. Daher ist die Frage, ob er nach Berlin wechseln will, keineswegs neu. Immer wieder wurden ihm Ambitionen für das Wadenbeißer-Amt des Generalsekretärs nachgesagt.

Und trotzdem heißt es jetzt wieder: Kiel. Die Gründe, die der 56-Jährige nannte, waren eine Mischung aus Management-Sprech und maritimen Metaphern: Da sei die „interessante Konstellation im Land“, das zurzeit von SPD, Grünen und der Minderheiten-Partei SSW regiert wird. Es warte eine „große Herausforderung“, eine Aufgabe, die „noch nicht beendet“ sei. So will Stegner seine Landes-SPD in die Landtagswahl 2017 führen, trotz „wenig Rückenwind“ aus dem Bund und „Wind von vorn in Orkanstärke“. Aber der, sagte Stegner, „pustet auch das Gehirn frei“.

Für ihn persönlich sei die Chance, sowohl in Kiel mitzuregieren als auch bundesweit Profil zu zeigen, „ein Stück Unabhängigkeit“. Dem Grünen Robert Habeck, der vor Kurzem seine Kandidatur für den Bund bekannt machte, wünschte Stegner „viel Glück bei seiner Reise“. Stegner ist in der Partei nicht unumstritten, er selbst bezeichnet sein Verhältnis zu Parteichef Sigmar Gabriel als „robuste Zusammenarbeit“. Einen Wink des Chefs, Stegner möge an der Ostsee bleiben, habe es nicht gegeben: „Das wäre auch vergeblich.“

Nicht nur auf Bundesebene, auch in Schleswig-Holstein gibt es Stegner-Fans ebenso wie parteiinterne Kritiker. Parteifreunde freuen sich über seine rhetorischen Spitzen, allerdings leiden die Fachpolitiker der Fraktion unter dem Hang des Spitzenmannes, Themen an sich zu reißen, wenn sie wichtig werden.

Auch die Basis ist geteilter Meinung, vor allem weil Stegner der Makel anhaftet, glücklos bei Wahlen zu sein. Zuletzt verlor er vor der Landtagswahl 2012 einen Mitgliederentscheid über die Frage, wer die Partei als Spitzenkandidat führen soll. Dies ist für 2017 beantwortet: Ministerpräsident Torsten Albig sei erneut gesetzt, so Stegner.

Esther Geißlinger