Acht-Punkte-Utopie mit Frauenquote

Verfassung Delegierte syrischer Organisationen erarbeiten in Österreich Grundkonsens für ein dezentrales und neutrales Syrien

WIEN taz | „Syrien ist ein demokratischer nichtsektiererischer Staat, der auf den Grundsätzen voller und gleicher Staatsangehörigkeit, auf politischem Pluralismus und Dezentralisierung aufgebaut ist.“ Mit dieser utopisch klingenden Erklärung beginnt ein Achtpunkteplan, der das Gerüst einer zukünftigen Verfassung werden soll.

Darauf geeinigt haben sich 28 Delegierte, die drei Tage am Österreichischen Studienzentrum für Friedens- und Konfliktforschung auf Burg Schlaining - zeitweise sehr heftig – über die Zukunft ihres Landes diskutierten. Zuammengebracht hat sie die Initiative peaceinsyria.org, die seit Jahren bemüht ist, mit den verschiedenen ethnischen, religiösen, politischen und gesellschaftlichen Akteuren eine Alternative zum Assad-Regime und zum Kalifat zu erarbeiten.

Auf die Einladung von Hetzern habe man verzichtet, stellte Scheich Riyad Drar als Mitglied des Organisationskomitees klar. Alle Teilnehmenden hätten den Mut bewiesen, einen Grundkonsens zu unterschreiben, „auch wenn sie nicht mit allem voll einverstanden waren“. Die Teilnehmerliste reichte vom Na­tio­nalen Koordinationskomitee über den Syrischen Nationalkongress und die Muslimbrüder bis zur kurdischen PYD. Jesiden und assyrische Christen waren ebenso vertreten wie Verfassungsrechtler, Menschenrechtsanwälte und Islamexperten. Für die Koordination mit UNO-Vermittler Staffan de Mistura sorgte Madjoleen Hassan, die dessen Konsultativrat angehört.

Der künftige Staat soll dezentral und neutral gegenüber allen Ethnien und Religionen sein, die klassische Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und Judikative einführen und die Unabhängigkeit der Justiz garantieren. Frauen sollen Zugang zu allen politischen Ämtern haben und in allen gewählten Gremien mit einer Quote von mindestens 30 Prozent vertreten sein. Die vor allem von der kurdischen PYD geforderte Parität konnte in harten Debatten nicht durchgesetzt werden.

Der Achtpunkteplan soll Input für die Genfer Friedensgespräche sein, wo ja die Kurden auf Druck der Türkei nicht vertreten sind. Ralf Leonhard